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Die direkten Korrespondenzen datieren in die Jahre zwischen 1883 und 1890. In

dieser Zeit haben sich Schliemann und Benndorf nach meinem derzeitigen Kennt-

nisstand auch persönlich kennengelernt. Denn im April 1886 weilte Benndorf

zu Studienzwecken in Athen. Er war am 7. April „nach denkbar schönster Fahrt

glücklich hier“ angekommen und hatte „bei Köhler, Studn[iczka], Löwy, Dörp-

feld, Schliemann!! und andern die beste Aufnahme“ gefunden.

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Bald erhielt er

„(v)on Schliemann [...] eine höchst komisch verbindliche Einladung [...] Morgen

mache ich Frau Schliemann einen Besuch.“

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Benndorfs Alltag in Athen war voll mit Arbeit, aber auch mit „Zerstreuungen,

die Zeit kosten und im Moment zwar interessiren, hinterher aber fast reuen. Ewig

wird man in den Sammlungen angesprochen und soll seine Meinung über dies und

das sagen oder dies und jenes mit ansehen. So nahmen mir gestern Nachmittag

beide Schliemanns auf der Akropolis eine ganze Stunde Zeit weg.“ Aber Schlie-

mann wusste sich dafür zu revanchieren: „Heute früh schickte mir Schliemann

sein Buch über Tiryns, das zu theuer war daß ich es mir kaufen konnte, mit eigener

Widmung, das freute mich natürlich.“

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Ehe ich weiter auf die Beziehungen Benndorfs zu Schliemann eingehe, will

ich kurz Otto Benndorf vorstellen, dessen Werdegang und Wirken im Kreis der

Schliemann-Forschung bislang kaum thematisiert wurden.

Friedrich August Otto Benndorf wurde am 13. September 1838 in Greiz in Thü-

ringen als Sohn des Textilfabrikanten Friedrich August Eduard Benndorf und der

Linna (= Caroline Wilhelmine) Grosch geboren. Nach dem Besuch der höheren

Bürgerschule in Greiz und des Gymnasiums in Plauen begann er im Winterseme-

ster 1857/58 in Erlangen ein Studium der Theologie – auf Drängen seiner Mutter.

Bald schon zog es ihn aber zur Philologie und zur Archäologie.

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Bereits im Som-

mersemester 1858 wandte er sich in Erlangen verstärkt den klassischen Studien zu

und wechselte im Frühjahr 1859 nach Bonn, wo er bei Friedrich Gottlieb Welcker,

Friedrich Ritschl und Otto Jahn studierte und im Jahr 1862 mit einer Arbeit „De

Anthologiae Graecae epigrammatis quae ad artes spectant“ promovierte. Nach

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Brief Otto Benndorfs aus Athen an seine Frau Sophie vom 8. April 1886 (Privatarchiv).

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Brief Otto Benndorfs aus Athen an seine Frau Sophie vom 11. April 1886 (Privatarchiv).

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Die beiden letzten Zitate aus einem Brief Otto Benndorfs aus Athen an seine Frau Sophie vom 13.

April 1886 (Privatarchiv). Zum Buchgeschenk s. Zavadil 2009, S. 72 mit Anm. 295.

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Die Briefe aus dieser frühen Studentenzeit Benndorfs (Privatarchiv) zeigen einen jungen Men-

schen, der hin- und hergerissen ist zwischen dem Wunsch, elterliche Vorstellungen zu erfüllen und

– vertieft in seine ihn erfüllenden Studien und Forschungen – seine eigene Lebensbestimmung zu

suchen.