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Otto Benndorf, der „Schliemann von Ephesos“,
und seine Beziehung zu Heinrich Schliemann
Hubert D. Szemethy
Die Bezeichnung Otto Benn-
dorfs (Abb. 1) als „Schliemann
von Ephesos“ geht auf einen
kurzen Nachruf auf den wahr-
scheinlich berühmtesten Vertre-
ter der österreichischen Archäo-
logie des 19. Jahrhunderts zu-
rück, fast identisch abgedruckt
in mehreren amerikanischen
Tageszeitungen am 3. Jänner
1907
1
(Abb. 2, nächste Seite).
Man darf also annehmen, dass
Journalisten und ein bestimmter
Leserkreis in Amerika mit dem
Namen Benndorf etwas verban-
den. Dabei war die Beziehung
Benndorfs zu Schliemann für
sie eine relativ vordergründige:
„because he discovered antiqui-
ties in Ephesus, as Schliemann
did in Troy.“
2
Mit Benndorf begannen 1895
die österreichischen Ausgra-
bungen in Ephesos, die 2015
1
New York Evening Post; New York Sun; Philadelphia Telegraph; Boston Evening Transcript (alle
vom 3. Jänner 1907).
2
Die New York Sun und der Philadelphia Telegraph fügten unter der Überschrift „Ephesus Explorer
Dead. Prof. Benndorf of Vienna Rivalled the Exploits of Schliemann“, und bezogen auf Benndorfs
reiche ephesische Funde, hinzu: „They excited the admiration of all archæologists who visited
Vienna and saw them.“ Vgl. auch „Professor Friedr. Aug. Otto Benndorf“, Leipziger Neueste Nach-
richten, 4. Jänner 1907: „Benndorf wurde wohl ‚der Schliemann von Ephesos‘ genannt, wo er
epochemachende Ausgrabungen leitete, die den Grundstock zu dem vielbewunderten Ephesischen
Museum in Wien legten.“
Abb. 1: Otto Benndorf, Foto: Atelier Engel Wien