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Abteilung im Berliner Völkerkundemuseum und ein großer Burgenforscher. Den-
noch war mein 76. Sonntagsvortrag über ihn meines Wissens die einzige Ehrung
seines 150. Geburtstags. Warum? Er schrieb doch auch eine Selbstbiographie und
eine viel umfangreichere als Schliemann: „Aus Leben und Arbeit“, postum 1944
erschienen. Doch darin findet sich nichts Spektakuläres und die Erzählungen lassen
sich nicht mit einem gewaltigen Nachlass überprüfen.
Über die Vorwürfe betreffs des sog. Schatzes des Priamos und der sog. Agamem-
non-Maske, die auch in den Vorträgen thematisiert wurden, will ich mich hier nicht
weiter äußern. Vor allem den Fälschungsvorwurf gegen die goldene Totenmaske
sehe ich durch meine Argumentation in Verbindung mit Georg Korres, Wout Ar-
entzen und Tobias Mühlenbruch als erledigt an.
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Zum Schluss deshalb nur noch
ein paar Bemerkungen zu Minna Meincke, zu Schliemanns auswendig gelernten
Büchern und zu seinen Grundsätzen.
Der Zweifel an Schliemanns korrekter Schilderung seiner kindlichen Beziehung
zur Jugendfreundin Minna Meincke (spätere Frau Richers, Abb. 7) stand zusam-
men mit dem „Traum von Troja“ am Beginn der modernen Schliemannkritik.
Der Punkt gehörte zur legendären Mitternachtsvor-
lesung von Calder III,
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über die der Vorsitzende
des Heinrich-Schliemanns-Klubs Neubukow,
H. A. Kruse, in diesem Heft berichtet. Damit
begann ja auch der Vorwurf der pathologi-
schen Lügenhaftigkeit Schliemanns. An-
lässlich ihres 100. Todestages am 15. Mai
2010 beschäftigte ich mich auch intensiv
in einem Sonntagsvortrag mit dieser Be-
ziehung. Nach Kenntnis aller vorhande-
nen 101 Briefe von Minna und ihren Ver-
wandten an Heinrich sowie eines Großteils
von dessenAntworten lässt sich der Zweifel
an der lebenslangen Anhänglichkeit, Freund-
schaft, vielleicht sogar Liebe Schliemanns zu
Minna meiner Meinung nach zerstreuen. Natürlich
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Meine Argumente finden sich: R. Witte, Die „Maske des Agamemnon“ oder: Erkenntnisgewinn
durch Diskussion. In: Informationsblatt der Heinrich-Schliemann-Gesellschaft Ankershagen 12,
S. 22-24.
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William M. Calder III: Schliemann on Schliemann. A Study in the Use of Sources. In: Greek,
Roman and Byzantine Studies 13 (1972), S. 335-353.
Abb. 7 – Minna Meincke (Foto von 1889)




