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Informationsblatt 32 Dezember 2020
Ich weiß nicht, wie viele Museen in wie vielen Städten man
aufsuchen müsste
1
, um all das zu sehen, was in dieser Aus-
stellung gezeigt wurde: es war das beste und einzigartigste,
was es auf der Welt zu sehen gibt und die Geschichte einer
großen Stadt wiedergibt, die in einen zehnjährigen Krieg
wegen der Entführung der schönsten Frau der Welt geraten
ist, der unwiderstehlich dramatisch und tragisch war und
Künstler aller Gattungen und Zeiten anregte, dies darzustel-
len. Diese Anziehungskraft hat auch Heinrich Schliemann
(Abb. 13) auf die Suche nach der verloren geglaubten Stadt
geschickt, von der heute allgemein angenommen wird, dass
sie existiert hat. Auch ihm und seinen ebenso spektakulären
Funden widmet sich diese Sonderausstellung mit Leihgaben
des Museums für Vor- und Frühgeschichte Berlin (Abb. 14,
15). Das ist mein einziger Kritikpunkt an dieser wundervol-
len Ausstellung: unsere Nachbildungen des sog. Schatzes des
Priamos sind bedeutend besser. Sie hätten ganz wunderbar in
diese Schau gepasst.
Was war mit den Helden und Frauen mit gebrochenem Her-
zen, Menschen und Göttern, die angeblich eine Rolle im Tro-
janischen Krieg gespielt haben? Warum haben sie so viele
Nacherzählungen inspiriert, von Homer über Shakespeare bis
nach Hollywood? In dieser Ausstellung konnten wir diesen
faszinierenden Charakteren näher kommen, während wir die
atemberaubende Kunst erkundeten, die sie zum Leben er-
weckte, von dramatischen antiken Skulpturen und exquisiten
Vasengemälden bis hin zu zeitgenössischen Werken.
1 Der Ausstellungskatalog listet 28 Leihgeber auf.
Wir sahen die bewundernswerten archäologischen Funde, die
beweisen, dass es ein echtes Troja gab, und verlockende Hin-
weise auf die Wahrheit hinter den mythischen Geschichten ge-
ben.
Von der Ent-
führung Hele-
nas von Spar-
ta nach Troja
über die Täu-
schung
des
Trojanischen
Pferdes
bis
zum Fall der
Stadt konnten
wir in dieser
phänomena -
len Ausstel-
lung die Gren-
ze zwischen
Mythos und
Realität über-
schreiten. Die
Ko n z e p t i o n
der Ausstel-
lung
führte
uns fließend
von der My-
thologie über die Suche nach Troja und schließlich zur Re-
zeption des Geschehens in der Kunst von der Antike bis zur
Gegenwart. Ästhetisch ganz toll gemacht, mit einem hohen
Anspruch. Diese Reise nach London hat sich gelohnt.
Sybille Galka,
Schliemanngemeinde Ankershagen
Beiträge und Berichte
Abb. 13 – Heinrich Schliemann, Gemälde von Sydney Hodges, 1877
(Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin)
Abb. 14 – Sophia Schliemann mit dem „Schmuck der Helena“, 1874;
Berliner Nachbildung des großen Diadems (Museum für Vor- und
Frühgeschichte Berlin
Abb. 15 – Gesichtsvase, 2550-1750 v. Chr., Troja
II-V (Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin)