Seite 20 Informationsblatt 32 Dezember 2020
Beiträge und Berichte
Der Höhepunkt der Ausstellung war, jedenfalls für mich, fast
unscheinbare goldene Spiralringe, im Haar oder am Finger zu
tragen, die mitten auf dem Schlachtfeld, nicht also in Grable-
gen, zutage traten (Abb. 3). Man kann also annehmen, dass eine
Elite, ein mächtiger
Personenkreis, an-
wesend war, sich
eventuell an den
Kampf handlungen
beteiligte und eben-
falls in der Schlacht
zu Tode kam.
Wer waren diese
Männer, die um 1250 v. Chr., ungefähr zu einer Zeit als der
sagenhafte trojanische Krieg stattgefunden hat (!), mit einer
solch gewaltigen Streitmacht um einen Übergang durch das
Tollensetal kämpften? In einer Gegend, von der man bis vor
kurzem annahm, das sie damals öde und menschenleer war.
Was wollten sie dort wirklich? Wir wissen es nicht. Da es nörd-
lich der Alpen zur damaligen Zeit noch nicht üblich war, Dinge
und Ereignisse in irgendeiner Form schriftlich niederzulegen,
haben wir keine Informationen darüber. Aber das älteste bis
heute nachgewiesene Schlachtfeld Mitteleuropas liegt an der
Tollense.
1
Etwa zeitgleich fand im östlichen Mittelmeerraum die Schlacht
von Kadesch zwischen Ägyptern und Hethitern statt, von der
Ramses II. in Tempelinschriften und –zeichnungen berichten
ließ. Das Schlachtfeld jedoch ist bis heute nicht gefunden. Bei
uns ist es umgekehrt. Wir haben ein Schlachtfeld, wissen aber
nicht, wer und warum. In Kadesch weiß man zwar, wer und
warum, aber nicht, wo. So kurios kann Geschichte sein.
Kehren wir jedoch in die Gegenwart zurück. Nach dem Mit-
tagessen fuhren wir nach Norden, in die Gegend der eben be-
schriebenen Schlacht. Am Zusammenfluss von Tollense und
Großem Landgraben, direkt an der ehemaligen B 96, liegt in
Klempenow eine der großen Niederungsburgen unserer Re-
gion, die über das Grenzgebiet zwischen Mecklenburg und
Pommern wachte. Diese Grenzregion war seit der deutschen
Besiedlung im 12. und 13. Jahrhundert immer wieder heftig
umstritten. Die Grenze ist mehrfach zwischen Großem und
Kleinem Landgraben (also ca. 20 km) nach Norden oder Süden
verschoben worden. Die Burg wurde ab 1231 zusammen mit
anderen von den pommerschen Herzögen erbaut. Sie wurde
häufig erweitert, teilweise zerstört und verändert wieder auf-
gebaut. Die heute erhaltenen ältesten Teile sind der Turm und
die Wehrmauer aus dem 13. Jahrhundert (Abb. 4 und 5). Korn-
speicher und Torhaus stammen aus der Mitte des 15. Jh. Das
dreigeschossige Torhaus war mit neun Metern Höhe eines der
ersten Fachwerkhäuser in Norddeutschland. Die Statik war je-
doch schlecht berechnet, nach rund 50 Jahren musste es, dies-
mal mit Renaissanceelementen neu aufgebaut werden. Kurz
vor dem 30-jährigen Krieg wurde die Anlage noch einmal ver-
stärkt. Vom Mittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts
(Franzosenkriege) war sie in zahlreiche militärische Aktionen
1 Anm. d. Redaktion: Dr. Peters gibt hier die vorherrschende wissenschaft-
liche Meinung wieder. Vgl. dagegen am Schluss des Informationsblattes den
Presseartikel vom 12. 10. 2020 „Tod im Tollensetal: Nur ein Überfall?“
und Händel verwickelt. Nach mehreren Umbauten erhielt sie
um 1900, als sie ihre militärische Bedeutung längst verloren
hatte, ihre heutige Gestalt mit einem neuzeitlichen preußischen
Verwalterhaus. Besonders erwähnenswert ist noch die kleine
Fachwerkkirche (Abb. 6) in der Vorburg aus dem Jahre 1692,
die zwischen 1997 und 2000 saniert wurde. Leider steht sie un-
Abb. 3 – Einige Goldringe
Abb. 4 – Exkursionsteilnehmer auf dem Turm der Burg Klempenow
Abb. 5 – Blick vom Turm auf das Tollensetal
Abb. 6 – Blick vom Turm auf das Kirchlein