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Informationsblatt 32 Dezember 2020
„Faszination Gold“ – unter dieser Überschrift könnte die ers-
te Etappe unserer Exkursion zur diesjährigen Jahrestagung
der HSG stehen. Bei regnerischem Wetter fuhren wir mit dem
Bus von der Europäischen Akademie Waren über Ankershagen
nach Neubrandenburg. Im
dortigen Regionalmuse-
um im ehemaligen Fran-
ziskanerkloster
zeigte
das Landesamt für Kultur
und Denkmalpflege eine
Sonderausstellung unter
dem zugegeben etwas
reißerisch klingenden Ti-
tel „Blutiges Gold“. Der
Untertitel „Macht und
Gewalt in der Bronze-
zeit“ (Abb. 1) führt uns da
schon weiter. Bronzezeit
– da war doch was? Rich-
tig – die Ausgrabungen
Heinrich
Schliemanns
führen uns auch in diese
Epoche und sogar noch
darüber hinaus.
Nach einer sehr informativen Einführung durch den Leiter des
Museums, Dr. Rolf Voß (Abb. 2), konnten wir uns individuell
den Ausstellungsobjekten widmen. Der Weg dorthin führte
durch einige Kapitel der Stadtgeschichte Neubrandenburgs,
die für den einen oder anderen ebenfalls Neuland waren.
Über die psychologische Wirkung, die Gold seit jeher auf den
Menschen ausübt, ist viel berichtet und geschrieben worden.
Die Ausstellung konzentriert sich daher auf Goldobjekte, die
im Laufe der letzten 150 Jahre in Mecklenburg und neuerdings
auch in Vorpommern gefunden wurden. Die Masse der übri-
gen Objekte, sei es aus Ton, Knochen oder anderen Metallen,
waren nicht ausgestellt, ohne dass ihre Bedeutung für die Ge-
schichte und die Geschichtsschreibung dadurch geschmälert
werden sollte. Aber man braucht für eine Ausstellung ja auch
einen halbwegs überschaubaren Rahmen.
Für die Verwendung des Goldes zu jener Zeit kristallisieren
sich zwei Gruppen heraus: Schmuck und Gegenstände für ri-
tuelle Zeremonien. Beides war in der Ausstellung vertreten.
Ein Beispiel für die letztere Gruppe ist der „Kultwagen“ aus
Peckatel bei Schwerin, der schon vor über 150 Jahren ans Ta-
geslicht kam und zu einer außerordentlich reichen Grabaus-
stattung gehörte.
Wesentlich vielfältiger sind jedoch Exponate aus der ersten
Gruppe vertreten. Gold als Material für diverse Schmuckge-
genstände diente seinerzeit dazu, Macht und Reichtum zu prä-
sentieren, auch über den Tod hinaus. So nimmt es nicht wunder,
dass goldene Schmuckstücke in Grablegen zutage kamen. 1991
wurde beispielsweise bei Neustrelitz ein vergrabenes Tongefäß
gefunden, das neben Glasperlen, Bernsteinketten, bronzenen
Gürtelscheiben, Arm- und Beinbergen (Scheibenringe) auch
goldene Schleifen- und Spiralringe für Haar oder Finger ent-
hielt, ebenso bei der „Dame von Thürkow“, einer Frauenbe-
stattung, die in der Nähe von Teterow entdeckt wurde.
Warum aber ausgerechnet Gold? Nun, dieses Edelmetall ist
korrosionsbeständig, weich wie Zinn und hervorragend plas-
tisch verformbar, sodass sich daraus sogar hauchdünne Folien
für Beschläge herstellen lassen. Deshalb ist es nicht nur als
Ring, Fibel oder ähnlichem Schmuck verwendbar, sondern
auch als Beschlag für Waffen (Dolche, Messer, Schwerter), wie
man am Beispiel eines Schwertgriffes sehen konnte.
Gold wurde aber nicht nur in Grablegen entdeckt. Der spek-
takulärste Fundort in unserer Gegend war ohne Zweifel das
Schlachtfeld an der Tollense, das erst vor einigen Jahren (1996)
ans Tageslicht kam. Es befindet sich nahe der Grenze zwischen
Mecklenburg und Vorpommern, die es in der Bronzezeit noch
gar nicht gab, ca. 20 km nördlich von Altentreptow. Dendro-
logische Untersuchungen und Pollenanalysen haben ergeben,
dass die sterblichen Überreste von hochgerechnet 2.000 bis
6.000 Männern im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, also nur
waffenfähige Männer, aus der Zeit von ca. 1250 v. Chr. stam-
men. Damit muss man die landläufige Vorstellung, dass es
in der Bronzezeit in unseren Breiten relativ friedlich zuging,
wohl über Bord werfen.
An einem idyllisch erscheinenden Platz, der heute fernab jeg-
licher Zivilisation zu sein scheint, zu dem nicht einmal eine
befestigte Straße führt, kam Unglaubliches zum Vorschein.
Man fand von Pfeilspitzen durchbohrte Schädel- und Arm-
knochen sowie Reste von diversen Waffen (Schwerter, Dolche,
Keulen usw.). Neben menschlichen fand man auch Überreste
von Pferden. Selbst Überreste einer Dammschüttung aus Holz,
Grassoden und stabilisierenden Feldsteinen wurden entdeckt.
Das organische Material hat sich in dem sumpfigen, torfigen
Untergrund des Tollensetals recht gut erhalten.
Beiträge und Berichte
Blutiges Gold und versunkene Burgen
(Exkursionsbericht zur Jahrestagung der HSG 2020)
Abb.1 – Katalogheft zur Sonderaus-
stellung
Abb. 2 – Dr. Rolf Voß (r.) gab eine Einführung in die Ausstellung