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Informationsblatt 28 März 2017
Sonderausstellung
Phidias u. a.). Immer mehr wird der Einzelfund in seinen Ge-
samtkontext gestellt, die Grabungstechnik und Dokumentati-
on verfeinert, die Stratigraphie (Schichtenfolge) am Ort streng
beachtet. Immer mehr werden zu speziellen Fragen, die eine
Ausgrabung aufwirft, Spezialisten mit einbezogen (Architek-
ten, Botaniker u. a.).
Zu einer herausragenden Flächengrabung entwickelte sich
vor allem die Ausgrabung in Olympia von 1875 bis 1881 unter
Ernst Curtius, Friedrich Adler und Wilhelm Dörpfeld.
Die Ausgrabungen Heinrich Schliemanns seit Beginn der
1870er Jahre auf dem Hügel Hisarlık (Troia), in Mykene,
Orchomenos und Tiryns setzten trotz anfänglichem Dilettan-
tismus neue Maßstäbe. Er gelangte zur historischen Fragestel-
lung in der Archäologie, indem er nach einem verschwunde-
nen Ort suchte und eine bis dahin in ihren Ausmaßen nicht
gekannte Tiefengrabung (16 m) durchführte. Auch war er einer
der Ersten, der die Keramik als Leitfossil für die Chronologie
erkannte und die noch junge Fotografie in seinen Werken be-
nutzte. Jede geringste Scherbe hatte für ihn seinen Wert.
Die hier ausgestellten Tafeln und Exponate sollen nun einen
Einblick in ‚Archäologie und Archäologen im 19. Jahrhundert‘
geben und zur weiteren Beschäftigung darüber anregen.“
Bebildert wurde das Banner u. a. mit pompejanischer Wand-
malerei, den „Elgin Marbles“, der Aphrodite von Melos (Venus
von Milo) und dem Alexandermosaik.
Auf den folgenden reich bebilderten 18 Tafeln wird kurz auf
das Leben der einzelnen Personen, aber besonders auf deren
Wirken in der Altertumswissenschaft und ihren besonderen
Verdiensten eingegangen.
In den Vitrinen lag eine große Auswahl von Büchern zur The-
matik zur Ansicht. Besonders dankbar waren die Macher der
Sonderausstellung (Dr. Reinhard Witte und Undine Haase)
den Leihgebern von hervorragenden Exponaten. So kamen u.
a. vomWinckelmann-Institut der Berliner Humboldt-Universi-
tät zwei Marmorbüsten (E. Gerhard und E. Curtius),
3
vom Ro-
bertinum der Martin-Luther-Universität das letzte Schreibzeug
von Ludwig Ross und vom Regionalmuseum Neubrandenburg
ein Besucherbuch, in dem sich auch Heinrich Schliemann ein-
getragen hatte.
Zum Schluss hier noch zwei Gedichte, die sowohl bei der Aus-
stellungseröffnung, als auch beim Sonntagsvortrag die Thema-
tik berührten:
„Und wird die Welt auch noch so alt, / Der Mensch, der bleibt
ein Kind! / Zerschlägt sein Spielzeug mit Gewalt, / Wie eben
Kinder sind!
Wann alles erst in klein zerstückt / Und nichts mehr zu verder-
ben, / So sucht er wieder – neubeglückt – / Und spielt dann mit
den Scherben!“
4
Und Geheimrat Goethe dichtete im West-östlichen Divan
(Buch des Unmuts):
„Wer nicht von dreitausend Jahren / Sich weiß Rechenschaft
zu geben, / Bleib im Dunkeln unerfahren, / Mag von Tag zu
Tage leben.“
Das haben heute schon zu viele vergessen.
Dr. Reinhard Witte
Museumsleiter
3 Anm. der Redaktion: Wir danken Frau Sybille Galka herzlich dafür, dass Sie
die Berliner Leihgaben abgeholt und wieder zurückgebracht hat.
4 Carl Spitzweg (1808-1885) über „Die Ausgrabungen in Olympia“ (1875-
1881). In: Helmuth Th. Bossert: Altkreta. Kunst und Handwerk in Griechen-
land, Kreta und in der Ägäis von den Anfängen bis zur Eisenzeit, Berlin
1937 (3. Auflage), S. 6.
Tafeln und Exponate fanden großes Interesse