Seite 26 Informationsblatt 28 März 2017
Sonderausstellung
ma „nord design“ hervorragend aufbereiteten Tafeln (Banner)
in der Reihenfolge: Theorie, Prähistorie, Italien, Griechenland,
Türkei, Assyrien und Ägypten. Auf der ersten Tafel wurden
die Besucherinnen und Besucher auf das Thema eingestimmt.
Der Text sei hier an dieser Stelle wiedergegeben:
„Das 19. Jahrhundert war ein Zeitalter von großen archäolo-
gischen Entdeckungen! Heinrich Schliemann konnte sich als
Ausgräber aus zweierlei Gründen einer besonderen Aufmerk-
samkeit erfreuen. Zum einen lag das an seinem Forschungs-
gegenstand – ubi Troia fuit? – war eine der interessantesten
Fragen zur Weltgeschichte und seine Funde in Troia und My-
kene waren spektakulär. Zum anderen sorgten sein Leben und
seine Selbstdarstellungen darüber für größtes Aufsehen. Für
eine objektive Beurteilung dieser buntschillernden Person ist
es unerlässlich, die Relationen zwischen seinen charakterli-
chen Schwächen und seinen enormen Verdiensten für die Al-
tertumswissenschaft zu wahren. Noch wichtiger ist es, Schlie-
mann nicht isoliert zu betrachten! Nur im Vergleich zu anderen
Ausgrabungsplätzen und Archäologen lässt sich sein Werk ge-
recht beurteilen.
So entstand im Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen
die Idee zu dieser Sonderausstellung. Uns ist bewusst, dass wir
nur einen kleinen Überblick über die Archäologie im 19. Jahr-
hundert bieten können, der aber in der Folgezeit immer mehr
vergrößert werden soll.
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Abgesehen von der Grabräuberei schon im Altertum, den zu-
fälligen Funden von Zeugnissen aus der Vergangenheit und
der aufkommenden Sammelleidenschaft antiker (römischer)
Skulpturen seit der Renaissance, lässt sich erst ab dem 18. Jahr-
hundert von einer tatsächlichen archäologischen Forschung
sprechen. Erste größere Ausgrabungen (Herculaneum, Pompe-
ji) fanden statt, Altertumsvereine entstanden, Museen (British
Museum, 1759; Louvre, 1793; Altes Museum Berlin, 1830)
wurden gegründet. Johann Joachim Winckelmann (1717-1768)
entwickelte sich mit seinen Schriften („Geschichte der Kunst
des Alterthums“) zum „Vater der klassischen Archäologie“.
Die Begeisterung für die Antike zeigte sich in vielerlei künst-
lerischen Formen („Weimarer Klassik“). Man ergötzte sich an
den römischen Kopien griechischer Originale und noch mehr
an den Originalen selbst nach der Befreiung Griechenlands
vom Osmanischen Reich (ab 1821).
Bereits im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts ist die ursprüng-
liche Farbigkeit antiker Denkmäler entdeckt worden, wodurch
etwas an Winckelmanns „edler Einfalt und stiller Größe“ ge-
kratzt wurde. Alte Schriften geben ihre Geheimnisse preis
(Hieroglyphen, Keilschrift).
Mit der Gründung des „Instituto di corrispondenza archeolo-
gica“ 1829 in Rom (Deutsches Archäologisches Institut) be-
gann eine neue Phase in der archäologischen Forschung. Viele
Gründungen derartiger wissenschaftlicher Einrichtungen aus
anderen Ländern und in vielen Orten der Welt werden folgen.
Die klassische Archäologie entwickelte sich innerhalb der Al-
tertumskunde immer mehr zu einem bedeutenden Fach und
sieht sich bald auf Augenhöhe mit der dominierenden klassi-
schen Philologie. Mit der Zunahme von Funden und Grabungs-
erfahrungen wachsen die Kenntnisse über Kunststile und so-
gar über die antiken Künstler selbst (namentliche Zuschrei-
bung von Architektur- und Bildwerken: Polyklet, Praxiteles,
2 So fehlen z. B. noch Osman Hamdi Bey (1842-1910), Arthur Evans (1851-
1941), Adolf Furtwängler (1853-1907) und Robert Koldewey (1855-1925)
Großer Andrang bei der Ausstellungseröffnung
Familie Voppmann (l.) tauscht mit anderen Besuchern ihre Erkenntnisse aus
Blick in die Ausstellung