Seite 53
Informationsblatt 27 März 2016
Durch einen Zufall habe ich Anfang des Jahres 1993 erfahren,
dass Heinrich Schliemann ein Freimaurer war. Auf Einladung
des Kulturkreises Mecklenburg e. V. der Landsmannschaft, mit
Sitz in Hamburg, hielt ich zu dieser Zeit in der Großen Loge
in der Welckerstraße einen Vortrag über Heinrich Schliemann.
Im Flur dieses imposanten Gebäudes hängen Tafeln mit den
alphabetisch geordneten Namen berühmter Freimaurer. Zu
meiner Überraschung fand ich darunter den Namen Heinrich
Schliemanns. Zu diesem Zeitpunkt war mir und offensichtlich
auch anderen Schliemannforschern seine Logenmitgliedschaft
nicht bekannt, in der Literatur jedenfalls hatte ich noch
keinen Hinweis darüber gefunden. Ich stellte umgehend
Nachforschungen an, um mich von der Mitgliedschaft
Schliemanns zu überzeugen und um weitere Einzelheiten zu
erfahren. Ich fuhr zum Deutschen Freimaurer-Museum nach
Bayreuth, wo mir der Direktor Schliemanns Mitgliedschaft
bestätigen konnte und mir entsprechende Literaturhinweise
gab. In dem Buch „Das Freimaurertum und seine Geheimnisse“
von Emil Huhle, Leipzig 1900, steht auf Seite 85 der Satz:
„Dr.
Heinrich Schliemann, der berühmte Erforscher griechischen
Altertums, hatte sich in eine Pariser Loge aufnehmen lassen.“
Der Zeitpunkt des Beitritts und der Name der Loge werden
nicht genannt. Auch im Buch „Das Allgemeine Handbuch der
Freimaurerei“, erschienen 1901 in Leipzig, fand ich dann bei
meinen weiteren Literatur-Recherchen nur die Nennung von
Schliemanns Namen und seinen Beitritt in eine Pariser Loge,
auch hier waren keine weiteren Einzelheiten zu erfahren. Auch
das „Internationale Freimaurerlexicon“, das 1932 erschien, ließ
keine neuen Erkenntnisse zu.
Ende 2002 gelangten aus der Gennadius Library in Athen
Mikrofilme mit den an Schliemann gerichteten Briefen in das
Archiv unseres Museums. Sie wurden von uns elektronisch auf
CD-ROM archiviert und danach ausgedruckt. So erhielten wir
erstmals einen genauen Einblick in die Briefe, die Schliemann
erhalten und aufbewahrt hat. Darunter befinden sich 28Schreiben
der Pariser Freimaurerloge, der Schliemann beigetreten war,
aus der Zeit von Ende Februar 1867 bis Ende Januar 1870. Es
handelt sich um gedruckte Einladungen zu Sitzungen dieser
Loge, sie trägt den Namen „Grand Orient de France“. Auf der
Rückseite der nachfolgend zum Abdruck gebrachten Einladung
vom 15. 11. 1868 wird eine Liste der Logenmitglieder
aufgeführt, darunter auch
„SCHLIEMANN, propri
é
taire, rue d‘
Arcade, 33.“
Hierdurch erfahren wir erstmals aus Schliemanns
eigenen Dokumenten, dass er Mitglied dieser Pariser Loge
geworden war, und wo er zu diesem Zeitpunkt in Paris gewohnt
hat (es war seine zweite Mietwohnung). Wir erfahren auch, dass
er von der Loge als Eigentümer bzw. Besitzer geführt worden
war. Allerdings war nicht festzustellen, wann genau er diesen
Schritt getan hat. Es ist zu vermuten, dass dies im Februar 1867
geschehen ist. Wie noch später zu erfahren war, besaß Bruder
Schliemann den dritten Grad (Meister), er war demnach sogar
ein sehr aktiver und verdienstvoller Freimaurer gewesen.
Schliemann hatte Pariser Mietshäuser als gewinnbringende
Geldanlagemöglichkeit erkannt und Anfang Januar 1867 vier
Immobilien erworben. Er wohnte von September 1866 bis März
1871 in Paris, allerdings mit größeren Unterbrechungen, ehe er
nach seiner Wiederverheiratung seinen Wohnsitz nach Athen
verlegt hat.
Beiträge und Berichte
Heinrich Schliemann war ein Freimaurer - Fakten und Hintergründe
Tafelausschnitt mit dem Namen Hein-
rich Schliemanns (Foto Baruth)
Das Hamburger Logenhaus in der Welckerstraße (Foto Bahruth)
Tafeln mit den Namen berühmter Freimaurer im Hamburger Logenhaus
(Foto Bahruth)