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Seite 52 Informationsblatt 27 März 2016

Beiträge und Berichte

Am 26. Dezember 1890 verstirbt der weltbekannte Archäologe

Heinrich Schliemann überraschend in Neapel. Die Zeitungen in

Deutschland und in der Welt berichten über den plötzlichen Tod

des berühmten und populären Mecklenburgers. Wie verliefen die

letzten Lebenstage des Troja-Ausgräbers?

Am 1. März 1890 nimmt Heinrich Schliemann die im Jahre 1871

begonnenen Grabungen in Troja wieder auf. Die öffentlichen

Diffamierungen des Amateurarchäologen und Hauptmanns

a. D. Ernst Bötticher veranlassen ihn, Ende März in einem von

ihm erbauten Barackendorf „Schliemannopolis“ zum zweiten

Mal eine internationale Gelehrtenkonferenz zu organisieren.

Schliemann will Böttichers Behauptung widerlegen, Troja

wäre nur eine Feuernekropole, seine Darstellungen entsprächen

nicht der Wahrheit. Die teilnehmenden Fachgelehrten erkennen

Schliemanns Aussagen auch uneingeschränkt an, dieser hat sein

Ziel erreicht.

Am 31. März unterbricht Schliemann die Ausgrabungen und

unternimmt gemeinsam mit dem ebenfalls in Troja weilenden

Mediziner und Anthropologen Prof. Rudolf Virchow, mit dem

er befreundet ist, einen mehrtägigen Ritt zu Pferde und mit

Packtieren durch die Troas zum Ida-Gebirge. Diese anstrengende

Reise verlangt von beiden 68-jährigen Männern ein Höchstmaß

an Willenskraft und körperlicher Leistung ab. Schliemann

bleibt trotz Sommerhitze und Fieber noch bis Ende Juli im

Grabungsgelände. Plötzlich wieder auftretende Ohrenschmerzen

zwingen ihn am 31. Juli, die Grabungen einstweilen einzustellen,

für ihn wird es die letzte Kampagne sein. Schliemann verlässt

Troja mit derAhnung, dass er nicht die Stadt des Priamos, sondern

eine viel ältere entdeckt und an der homerischen vorbeigegraben

hatte. Am 1. März 1891 will er die Ausgrabungen wieder

fortsetzen. Doch dazu wird es nicht mehr kommen!

Beginnende Taubheit und Ohrenschmerzen nehmen in einem

unerträglichen Maße zu. Rudolf Virchow drängt Schliemann,

sich die Exostosen (Knochenwucherungen) aus beiden Ohren

operativ entfernen zu lassen, beim Spezialisten Prof. Schwartze

in Halle/S., so schlägt er ihm vor. Nachdem Schliemann das

Manuskript seines „Berichtes“ der letzten Grabung fertiggestellt

und an seinen Verleger Brockhaus gesandt hat, reist er am 5.

November aus Athen ab und kommt am 9. in Halle an. Am 13.

November findet die Operation unter Vollnarkose statt, die linke

Ohrmuschel muss dazu abgetrennt werden, eine schwierige

und schmerzhafte Operation! Bereits zwei Tage später schreibt

Schliemann die ersten Briefe an Brockhaus und Virchow. Seiner

Schwester Dorothea berichtet er am 18. 11., dass die Operation

„vollkommen geglückt ist“ und er am 10. Dezember wieder

Halle verlassen werde. Auch in Briefen an Bekannte lobt er die

Fortschritte, die die Medizin in den letzten Jahren gemacht habe,

ihm ginge es schon wieder viel besser. Die Schwestern gratulieren

ihrem Bruder zur gelungenen Operation. Zwei am 4. Dezember

an seine Schwestern Dorothea und Louise geschriebene

Briefe werden die letzten erhalten gebliebenen Lebenszeichen

Schliemanns an seine Geschwister sein!

Gegen den dringenden Rat des Arztes verlässt Schliemann

am 12. Dezember das Krankenhaus und reist zu einer kurzen

Besprechung zu Brockhaus nach Leipzig und abends nach Berlin.

Am nächsten Tag trifft er sich mit Virchow zum Besuch seiner

Trojanischen Sammlung im Museum. Noch am selben Tage reist

er weiter nach Paris, von dort weiter nach Neapel, wo er noch die

neuen Ausgrabungen in Pompeji aufsucht. Schmerzen zwingen

ihn, einen Arzt zu konsultieren. Am ersten Weihnachtsfeiertag

bricht er auf einer Straße in Neapel bewusstlos zusammen.

Heinrich Schliemann verstirbt am Tag darauf, am 26. Dezember

1890, an den Folgen einer Hirnhautentzündung, ohne dass die

Ärzte noch helfen können. Am 29. Dezember trifft sein engster

Mitarbeiter Wilhelm Dörpfeld zusammen mit dem Bruder seiner

griechischen Ehefrau Sophia in Neapel ein, um den Toten auf

Wunsch der Witwe nach Athen zu holen. Dort wird er in seinem

Wohnpalast „Iliou Melathron“ aufgebahrt, zu seinem Haupte

eine Homerbüste.

Am 4. Januar 1891 wird Schliemann in Anwesenheit des

griechischen Königs Georg I., von Botschaftern, Ministern

und Freunden auf dem Athener Zentralfriedhof unter großer

Anteilnahme der Bevölkerung feierlich beigesetzt. Dörpfeld

ruft ihm auf der Trauerfeier nach: „Ruhe aus in Frieden! Du hast

genug getan.“

Heinrich Schliemann hatte schon zu Lebzeiten entschieden, sich

von seinem Architekten Ernst Ziller ein Grabmal in Form eines

griechischen Tempels errichten zu lassen. In seinem Testament

legte er fest: „Ich will, daß meine sterblichen Reste neben denen

meiner Frau Sophia, meiner Kinder und ihrer Nachkommen

in einem Mausoleum auf dem höchsten Gelände des großen

griechischen Friedhofs in Athen liegen sollen.“ 1892 wird sein

Wunsch realisiert. Bis zum heutigen Tage blickt Schliemanns

Marmorbüste auf der Frontseite des Grabmals zur Akropolis

hinüber. Auf dem Türsturz des Einganges zur Grabkammer

stehen die griechischen Worte: „Ich berge Heinrich Schliemann,

den weithin berühmten. Ahme ihn nach, der den Sterblichen

vieles erschloss.“

Dr. Wilfried Bölke,

Schliemanngemeinde Ankershagen

Zum 125. Todestag Heinrich Schliemanns

Der einsame Tod Heinrich Schliemanns im Jahre 1890

1

1 Unter der Überschrift „Troja-Ausgräber stirbt einsam“ wurde der Bei-

trag in leicht gekürzter Fassung in der Beilage „Mecklenburg-Magazin“

der Schweriner Volkszeitung und der Norddeutschen Nachrichten am

18.12.2015 veröffentlicht.

Das Mausoleum Heinrich Schliemanns auf dem Athener Friedhof