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Seite 47

Informationsblatt 27 März 2016

Beiträge und Berichte

Aufsehenerregend war am 29. 10. 1979 der Fund einer Statue in

unmittelbarer Nähe der „Zone K“, die 1924 von Whitaker

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be-

reits sondiert worden war:

Der Jüngling von Motya (Abb. 2-5)

Er ist von ungeheurer Aussagekraft und muss von einem Meister

seines Faches erschaffen worden sein. Man fand diese 1,81 m

hohe Statue ohneArme und Beine, mit abgetrenntem Kopf in situ

nahe dem Heiligtum in einer Art Versteck innerhalb der Stadt-

mauer. Es ist anzunehmen, dass die Statue im Zusammenhang

mit der Belagerung des Dionysios von Syrakus in den Boden ge-

kommen ist.

Die Statue ist aus weißem Marmor gefertigt. Sie maß in unzer-

störtem Zustand sicher mehr als 2 m. Wir sehen einen musku-

lösen, aufrecht stehenden jungen Mann. Der linke Arm lag an-

gewinkelt mit der Hand auf die Hüfte gestützt. Die Stellung des

rechten Armes lässt sich nicht exakt rekonstruieren. Sie wird

ebenso kontrovers diskutiert wie auch die Darstellung, die Iko-

nografie und die Entstehungszeit. Der Körper des Jünglings ist

leicht nach links gedreht. Die Ponderation scheint vollständig

ausgearbeitet. Das linke Bein ist das Standbein, es trägt das Ge-

wicht des Körpers. Das rechte, weit vorgesetzte Spielbein deutet

ebenso wie der Oberarmansatz eine kraftvolle Bewegung nach

vorn an. Die linke Hand und die Finger sind kraftvoll in das

Fleisch gepresst. Und dann das Gewand: Der Mann ist mit ei-

nem Chiton bekleidet, der ungewöhnlich fein herausgearbeitet

ist. Die fein fallenden Falten lassen den Chiton fast durchsichtig

erscheinen, was durch die deutliche Abzeichnung des Knies und

des Geschlechtes noch verstärkt wird. Ungewöhnlich erscheint

auch das über der Brust erkennbare Band. Am Rücken kreuzt

der Gurt, der dann auf der Brust geschlossen wurde. Die Befesti-

gungsspuren sind noch deutlich erkennbar. Der leicht nach links

geneigte Kopf wird von drei Lockenreihen umrahmt. Die weite-

re Frisur ist nicht weiter ausgearbeitet. Zwei Befestigungslöcher

am Hinterkopf deuten eine verloren gegangene Kopfbedeckung

an. Das Gesicht erscheint recht altertümlich und erinnert eher an

5 Whitaker, Guiseppe: (19. 03. 1850 in Palermo – 03. 11. 1936 in Rom) war ein

sizilianisch-britischer Ornithologe und Archäologe, der 1888 die Insel Motya

kaufte und dort auf zahlreichen Sondagen sehr viele Funde bergen konnte. Er

gründete daraufhin das heute nach ihm benannte Museum auf der Insel.

archaische Darstellungen, wie die Tyrannenmördergruppe, ganz

im Gegensatz zu der fein herausgearbeiteten Gewanddarstellung.

Für die meisten Forscher handelt es sich um die Arbeit eines grie-

chischen Meisters. Nicht eindeutig sind die Ikonografie und die

Datierung. Der von einigen Forschern lange vertretenen Auffas-

sung, es handle sich um die Darstellung eines siegreichen Wagen-

lenkers, scheint die kraftvolle Andeutung der Bewegung entgegen

zu stehen. Der Wagenlenker von Delphi hält bewegungslos die

Zügel in der Hand, im Gegensatz zu der kraftvollen Bewegung

des Jünglings von Motya. Entscheidend für die Ikonografie ist das

Gewand der Statue. Neben dem Wagenlenker trugen nur Auleten

und Kitharisten einen langen Chiton ohne Mantel. Diese können

für den Jüngling von Motya aber auch ausgeschlossen werden.

Andere Wissenschaftler vertreten die Auffassung, dass es sich

bei dem Jüngling von Motya um die Auftragsarbeit eines grie-

chischen Künstlers für die punische Stadt Motya handelt. Da-

für spricht die Darstellung sowohl des Gewandes als auch des

Gürtels. Beides sind Bestandteile der punischen Tracht. Denk-

bar ist die Wiedergabe eines Bogenschützen. Das Aufstellen ei-

ner Statue im griechischen Stil muss einen außergewöhnlichen

Grund gehabt haben. Bei Herodot

6

finden wir den Hinweis auf

den karthagischen Feldherren Hamilkar bei der Schlacht von Hi-

mera 480 v. Chr. Es könnte sich also um die Darstellung dieses

hochgestellten punischen Feldherren handeln.

Diese Theorie passt zu der angenommenen Datierung um 480 v.

Chr. Nach der Zerstörung durch Dionysios von Syrakus wurde

der Jüngling nach der Rückkehr der Punier „bestattet“ und so für

die Nachwelt gerettet.

Ich gebe zu, auch mich faszinierte der Jüngling, als ich ihm im

Whitaker-Museum gegenüberstand. Sie strahlt auch heute noch

eine ungeheure Anziehungskraft aus und trägt nicht unverdient

den Beinamen „Der Schöne von Motya“.

Ich danke Herrn Dr. Thomas Müller, der mir freundlicherWeise sei-

ne wunderbaren Fotos aus demWhitaker-Museum überlassen hat.

Sybille Galka,

Sponholz

6 Hdt. 7, 166 f.

Abb. 2-5 "Der Schöne von Motya"