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positiv entschieden wurde: Gerhard erhielt 300 Taler Ruhegeld plus Reisegeld
nach Rom.
Nach seinem Eintreffen in Rom im September 1822 stürzte er sich sofort zielstre-
big auf die Ruinen und Skulpturen der Stadt. Das war die Geburtsstunde des Ar-
chäologen Eduard Gerhard! Zugleich entfaltete er sein Organisationstalent in vol-
lem Umfang. Das er hierin Talent hatte, zeigte sich bereits bei der Gründung der
„Philologischen Blätter“ im Jahr 1817. 1823 gründete er die
Hyperboreisch-Rö-
mischen Gesellschaft
,
in der er internationale Altertumsfreunde und kunstsinnige
Liebhaber des Altertums vereinte. Zu diesen gehörte neben Otto Magnus von Sta-
ckelberg
14
, August Kestner
15
und dem von Boeckh nach Rom entsandte Theodor
Panofka
16
auch Bertel Thorvaldsen
17
.
Zeitgleich entwickelte Eduard Gerhard die Idee zu einer umfassenden Sammlung
antiker Bildwerke, die er der Allgemeinheit zugänglich machen wollte. Er gewann
1824 den Berliner Verleger Cotta für dieses Vorhaben. 1825 lagen bereits 400
Zeichnungen vor, jedoch verlor Cotta aufgrund der Unwirtschaftlichkeit der Pu-
blikation das Interesse. Erst 1839 gelang es Gerhard, die vorhandenen Tafeln zu
publizieren und auch die nicht von Cotta herausgegebenen
Monumenti inediti
und
Hyperboreisch-römische Studien
.
Hier trat ein zweiter, nicht unwesentlicher Charakterzug Eduard Gerhards hervor:
die Beharrlichkeit, mit der er seine Ziele verfolgte. Durch seine wachsende, dieses
Mal positive, Bekanntschaft in Berlin, erhielt er 1828 denAuftrag der Königlichen
Museen zum Ankauf von Vasen für die Antikensammlung und Zeichnungen für
den Museumsapparat anfertigen zu lassen. Die mangelnde wirtschaftliche Grund-
lage für seine monumentalen Corpus-Ideen veranlasste ihn zur Gründung einer
eigenen Institution, die diese Ideen umsetzen könnte. Geschichtsträchtig wähl-
te er den 9. Dezember, den Geburtstag Johann Joachim Winckelmanns, zu einer
Verabredung mit dem Abgesandten Preußens am Heiligen Stuhl, Christian Karl J.
Bunsen. Mit ihm besprach er die Gründung des
Instituto di Correspondenza Ar-
chaeologica
in Rom. Dieses Institut wurde am 21. April 1829, dem Geburtstag der
Stadt Roms, gemeinsam mit Bunsen, Panofka und dem Duc de Luynes auf dem
Kapitolshügel eröffnet. Die Schirmherrschaft übernahm der damalige Kronprinz
Wilhelm von Preußen, dem späteren König Friedrich Wilhelm IV., dem Gerhard
14
Stackelberg von, Otto Magnus: (25.07.1785 – 27.03.1837), schwedischstämmiger Archäologe, Ma-
ler und Schriftsteller.
15
Kestner, August, (28.11.1777 – 05.03.1853), deutscher Jurist, Diplomat, Archäologe, Zeichner und
Kunstsammler, Angehöriger der sog. Hübschen Familien in Hannover.
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Panofka, Theodor, (25.02.1800 – 20.06.1858), klass. Philologe, Archäologe und Historiker.
17
Thorvaldsen, Bertel, (19.11.1770 – 24.03.1844), dänischer Bildhauer.