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13. April 1772 mit einer Mitteilung in der
Gazette de France
. Man hatte aus Naxos
gehört, dass ein niederländischer Graf Grun (man wusste nicht genau wie sein Name
war), der in russischen Diensten stand, auf Ios das Grab von Homer gefunden habe.
Am 27. April teilte die
Gazette de France
weitere Details mit: Der Sarkophag war
vierzehn Fuß hoch, sieben Fuß lang sowie vier Fuß breit und bestand aus sechs
Steinplatten, wovon eine mit einer Inschrift in griechischer Sprache versehen war.
Laut dieser Zeitung war diese Inschrift die gleiche, die durch Herodot als Epitaph
für Homer erwähnt worden war.
„Hier hat man einen heiligen Kopf unter der Erde gestellt.
Den von den durch die Götter geehrten Homer, der die Helden prieß.“
Laut dieser Zeitungsmeldung hatte „Graf Grun“ außerdem in diesem Grab noch
einige sehr beeindruckende Funde gemacht. Zum Beispiel eine kleine Marmorva-
se, die offenbar als Tintenfass benutzt worden war und einen dreieckigen Stein,
der, nach Mitteilung der Zeitung, ein Stift zum Schreiben gewesen war. Diese
Funde würden beweisen, dass die Griechen zu Zeiten von Homer bereits schreiben
konnten, was bisher von vielen Wissenschaftlern bezweifelt worden war.
Im April 1773 veröffentlichte die
Mercure de France
das gefundene Epitaph mit
einer Übersetzung. Nun sind antike griechischen Inschriften in der Regel schwer
zu übersetzen, und es war also keine Überraschung, dass bereits im Juni 1773 ein
Brief mit einer verbesserten Übersetzung in der
Mercure de France
platziert wur-
de. Auch diese Übersetzung war nicht endgültig. Für die meisten Wissenschaftler,
die sich mit diesem Text befassten, bestand kein Zweifel, dass es Fehler in der
Transkription gab. Auf dem Original-Stein müsste etwas anderes gestanden ha-
ben. Ohne dass jemand von diesen Gelehrten den ursprünglichen Stein gesehen
hatte, begannen sie sich vorzustellen, wie der Originaltext formuliert gewesen
war. Dass dies zu seltsamen Übersetzungen führen konnte, zeigte die verbesserte
Version des Engländers Swinne. In dem von ihm korrigierten Text versteckt Ho-
mer seinen Kopf unter der Erde. Bei einer solchen Deutung des Textes war es nicht
verwunderlich, dass Swinne an einen Scherz oder eine Fälschung glaubte.
Noch ehe die Diskussion über den in der Zeitung erwähnten Epitaph richtig be-
gann, verließ Pasch van Krienen Griechenland und reiste nach Livorno, um dort
einen Reisebericht zu schreiben. Er traf dort den schwedischen Reisenden Jakob
Jonas Björnstahl, der nun in einem Schreiben berichtete, dass sich das Grab von
Homer in diesem Moment in Livorno befand. Nach Björnstahl wartete Pasch von
Krienen auf eine Nachricht vom preußischen König, der ihm mitteilen sollte, wie
er die von ihm gefundenen Altertümer nach Berlin versenden solle.