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Björnstahl hatte dieses Grab selbst nicht gesehen, weil es in einer Kiste verpackt

war, hoffte aber, es in nicht allzu langer Zeit in Berlin betrachten zu können. Er

hat aber

von Pasch van Krienen eine Abschrift von dem Epitaph erhalten. Weil

Pasch van Krienen den Text aber selber publizieren wollte, hat Björnstahl diesen

in seinem Brief nicht mitgeteilt. Er konnte seinem Briefpartner aber doch mittei-

len, dass dieser Text ähnlich wie die von Herodot erwähnte Grabinschrift lautet.

Im Jahre 1773 veröffentlichte Pasch van Krienen seinen Reisebericht. Er hatte

Ende 1771, nachdem er die russische Flotte verlassen hat, die Insel Ios zum zwei-

ten Mal besucht. Ein Priester, den er dort traf, brachte ihn, für eine gute finanzielle

Belohnung, zu einer aus alten Steinen gebauten Kapelle in der Mitte der Insel.

Dort zeigte er ihm eine Inschrift, von der Pasch van Krienen eine Abschrift mach-

te. An den Buchstaben dieser Inschrift konnte er erkennen, dass diese Platte erst

lange Zeit nach dem Tod Homers angefertigt worden war. Diese Inschrift gab kei-

ne Informationen über die Lage des Grabes. Pasch van Krienen kaufte diese Platte,

ließ sie aus der Wand brechen und nahm sie mit. Es war der Text auf diesem Stein,

der in der

Mercure de France

erwähnte worden war. Sie war also nicht auf dem

Grab von Homer gefunden worden.

Auf Hinweis eines Jesuiten begab er sich dann zu einem Ort an die Ostseite der

Insel. Einen Monat lang wurde dort auf Kosten von ihm gegraben, ohne etwas zu

finden. Kurz bevor Pasch van Krienen das Geld ausgegangen war, fand er schließ-

lich drei hintereinander liegende Gräber, in Form von großen Kästen. Sie lagen

unter Hügeln. Bei dem ersten Kasten, den er ausgrub, ließ er vorsichtig die obere

Platte entfernen, um hineinschauen zu können. Er sah menschliche Knochen, die

viel größer waren als die von lebenden Menschen, fast so groß wie die von Riesen.

Als Pasch van Krienen sie berührte, zerfielen sie zu Staub.

Das zweite Grab hatte mehr oder weniger den gleichen Inhalt, nur schien das Ske-

lett, das auch jetzt wieder gleich zu Staub zerfiel, diesmal die normale Menschen-

größe gehabt zu haben.

Vom dritten Grab hob man vorsichtig die Platte ab, worin man ein sitzendes Ske-

lett sah. Der Stein war sehr schwer, die Männer konnten ihn nicht halten und er

fiel um. Als sie ihn zum zweiten Mal aufhoben, sahen sie, dass das sitzende Skelett

durch den Luftzutritt und die Erschütterung zu Staub zerfallen war. Unter den

Grabbeigaben waren zwei Bronzemedaillen, wovon eine die Aufschrift „Homer“

trug. Auf dem Stein, worauf das zum Staub zerfallene Skelett gesessen hatte, stand

unter anderem auch das Wort „Homer“. Eine steinerne Feder und ein Tintenfass

gab es aber nicht. Pasch van Krienen hatte gefunden, was er suchte: das Grab Ho-

mers. Er hatte sein Geld nicht umsonst ausgegeben.