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saß), nachdem ich mich ihm gegenüber zur Teilnahme an seiner Publikation be-

reiterklärt hatte, in Athen eine eigene Publikationserlaubnis ein. Die Griechen

gewährten sie ihm. Und er entschloss sich leider, zugunsten einer in die Origi-

naltexte erheblich eingreifenden Fassung auf historisch-kritische Textwiederga-

be zu verzichten, ohne das mir mitzuteilen. Das DDR-Buch enthielt also wieder

nicht

weitgehend fehlerfreie

– fehlerfreie Editionen gibt es auf dieser Erde nicht

– Texte aller Virchow- und Schliemann-Briefe, sondern strotzte von haarsträu-

benden Fehlern. Nachdem das alles geschehen war, entschloss ich mich 1990,

mir zugängliche ausgewählte Briefe Virchows und Schliemanns aus den Jahren

1877–1885 zum ersten Mal in textkritischer Form zu edieren, um wenigstens für

einen Teil der Briefe eine saubere Edition vorlegen zu können. Die damals noch

weiterwirkenden Ausschließlichkeitsrechte ehemals staatstragender Persönlich-

keiten der DDR, wie Herrmann, verhinderten mehr.

Wie sich Herrmann auf unredliche Wei-

se den Zugang zu den Handschriften und

meiner Mitarbeit erschlich, beschreibe

ich im Vorwort meiner Briefedition. Ein

kurzer Bericht darüber ist auch schon

veröffentlicht in dem eben erwähnten,

1991 erschienenen Buch von mir: „Über

Griechenland und Troja, alte und junge

Gelehrte, Ehefrauen und Kinder. Brie-

fe von Rudolf Virchow und Heinrich

Schliemann aus den Jahren 1877–1885“,

Köln, Wien: Böhlau 1991 (Abb. 6)

Auf das 1989/90 in der DDR erschie-

nene Machwerk Herrmanns, das meine

Zusammenarbeit mit ihm behauptet,

hatte ich tatsächlich keinen Einfluss,

und so ist in der DDR ein vollkommen

mit Lesefehlern überhäuftes Buch er-

schienen.

Darüber will ich Ihnen nun berichten, habe aber etwas dagegen, den Herrmann in

einem vollkommen negativen Licht erscheinen zu lassen. Unter den Verhältnis-

sen der DDR wollte er sicher nicht nur für sich, sondern auch für seine Altertums-

wissenschaften das Beste erreichen. Und so entspricht sein Handeln vielleicht

weniger dem eines Ego- bzw. Monomanen-Typus als einer List der Geschichte.

Das möchte ich mit einer Anekdote abschließend belegen:

Abb. 6 – Ausgabe der zugänglichen Origi-

nalbriefe von 1991