Background Image
Previous Page  238 / 500 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 238 / 500 Next Page
Page Background

238

zwar sehr schön, dass ich die Briefe

gefunden hätte, aber das mache man

in der DDR schon selbst, durfte ich die

Originalhandschriften mehrere Jahr-

zehnte nicht mehr einsehen. Auf wei-

tere Behinderungen meiner Arbeit will

ich hier nicht eingehen. Der Präsident

der DDR-URANIA, Herr Prof. Dr.

Joachim Herrmann, Prähistoriker und

Verwandter des Politbüro-Mitgliedes

Joachim Herrmann (beide bitte nicht zu

verwechseln mit dem heutigen bayri-

schen Innenminister, alle gleichen Na-

mens), entschied als allmächtiger Di-

rektor des Zentralinstituts für Alte Ge-

schichte und Archäologie (ZIAGA) der

DDR-Akademie, die Virchow-Schlie-

mann-Korrespondenz nun ausschließ-

lich als DDR-eigene Publikation zum

Ruhme seines Staates und seiner selbst

herauszubringen.

Fast zwei Jahrzehnte lang passierte dann nicht viel. Schließlich fragte Herrmann bei

mir 1988 an, ob ich bereit sei, ihm schwierige Stellen aus den als unlesbar gelten-

den Virchow-Briefen zu transkribieren. In den Wendemonaten 1989/90 kam dann

unter der Herausgeberschaft Herrmanns heraus, ich zitiere das Titelblatt (Abb. 5):

„Die Korrespondenz zwischen Heinrich Schliemann und Rudolf Virchow 1876–

1890, bearbeitet und herausgegeben von Joachim Herrmann und Evelin Maaß in

Zusammenarbeit mit Christian Andree und Luise Hallof“ im Ost-Berliner Akade-

mie-Verlag mit der Jahreszahl 1990. Aus heutiger Sicht erscheine ich selbst wie

ein Helfershelfer bei dieser wissenschaftlichen Untat. Obwohl Herrmann mich

um Hilfe bat und die Edition allein nicht zu Ende bringen konnte, verweigerte er

mir weiterhin die Einsichtnahme in die DDR-Bestände. Ich besaß inzwischen die

Publikationsrechte der Athener Virchow- und Schliemann-Briefbestände aus der

Gennadius Library. Mein Interesse am Zustandekommen der Herrmann-Publikati-

on war 1988,

vor

dem nicht absehbaren Zusammenbruch der DDR, dass rund 100

Jahre nach dem Tod der Beiden sämtliche erhaltenen Virchow-Schliemann-Briefe

endlich

der internationalen Schliemann-Forschung bekanntgegeben würden.

Gegen Treu und Glauben holte Herrmann zur Sicherung seiner DDR-Ansprü-

che (selbst in Kenntnis, dass ich bereits die Publikationsrechte aus Athen be-

Abb. 5 – Ausgabe von Herrmann/Maaß aus

dem Jahr 1990