Seite 48 Informationsblatt 28 März 2017
Beiträge und Berichte
Die Kurische Nehrung ist auf Sand gebaut, auf die eiszeitlichen
Endmoränenhügel lagerte das Meer Sand ab, der durch die Ve-
getation Halt fand. Jedoch als es infolge des Siebenjährigen
Krieges (1756-1763) zu Engpässen kam, begannen die Einwoh-
ner, Brennholz in Größenordnungen abzuholzen. Mit verhee-
renden Folgen: Der Wind machte den Sand zu seinem Spielball
und die Menschen verloren ihre Häuser, Äcker, Dörfer. Mit
Beginn des 19. Jahrhunderts wurde mit der Wiederaufforstung
begonnen, doch diese brauchte Zeit. Erst mit einem Korsett aus
Reisig und Rohr, verstärkt durch Planzungen mit Sandgräsern,
konnten die Wanderdünen gebremst werden (Abb. 15).
Unsere Reise führt uns
weiter nach Memel, der
letzten Station unserer
Reise auf den Spuren
Richard Wagners bzw.
Heinrich
Schliemanns.
Heute wird die Stadt Klai-
peda genannt und ist ein
wichtiger Hafen Litauens.
Wir suchen zunächst den
Theaterplatz mit dem
Wahrzeichen der Stadt
auf: den Simon-Dach-
Brunnen mit dem Änn-
chen von Thaurau (Abb.
16).
Simon Dach (1605-1659), Dichter des Barocks, schrieb für die
Hochzeit der schönen Anna Neranda mit dem Prediger Johan-
nes Potartius im Jahr 1636 dieses wunderschöne Lied. Wir san-
gen natürlich dieses bekannte Volkslied mit allen Strophen vor
dem Brunnen, sehr zur Verwunderung der anderen Besucher.
Nicht nur ich hatte vorsorglich den Text mitgenommen, sondern
auch Thomas Krakow, der Vorsitzende des Richard-Wagner-
Verbandes Leipzig, verteilte den Text an die Reiseteilnehmer.
Dann gab es für die Wagnerianer doch noch eine Überraschung.
Reiseleiterin Larissa ging mit uns zum alten Hafen von Memel,
wo sich 1854 die Speicher befanden, die alle Opfer des großen
Stadtbrandes am 4. Oktober 1854 wurden. Ich ließ es mir nicht
nehmen, Schliemanns dramatischen Bericht aus seiner Selbst-
biografie vorzutragen. (Leider waren nicht alle Wagnerianer mit
dem Namen Schliemann vertraut – dies haut mich aber nicht
mehr um.)
Auf dieser freien Fläche – so die Reiseleiterin - könnte der
Holzschuppen für Schliemanns Fracht aus Amsterdam errichtet
worden sein. Der Brand brach etwas weiter südlich in den La-
gerhäusern aus. Der Nordwind verhinderte ein Übergreifen auf
den Holzschuppen und trieb das Feuer in die Stadt, die größten-
teils vernichtet wurde (Abb. 17).
So endete meine Reise durch Ostpreußen auf Richard Wagners
Spuren, die auch z. T. die von Heinrich Schliemann gewesen
sind, mit vielen unvergesslichen Eindrücken, mit neuen Er-
kenntnissen, großer Dankbarkeit, dies erleben zu dürfen, und
dem Wunsch, einmal eine Aufführung des „Parsifal“ in Bay-
reuth zu sehen.
Da ich aus eigener Erfahrung weiß, wieviel Zeit und Arbeit in
die Vorbereitung einer solchen Gruppenreise investiert werden
muss, danke ich (auch im Namen von Heidemarie Schloms und
der Familie Budde), dem Vorsitzenden des Richard-Wagner-
Verbandes Leipzig, Thomas Krakow, dem Busfahrer und der
Reiseleiterin vor Ort Larissa Selesnjowa ganz besonders für
ihre geleisteten Arbeiten.
Literatur:
Adolf Boetticher: Die Bau- und Kunstdenkmäler in Königs-
berg, Königsberg 1897.
Egon Klemp, Sabine Harik: Königsberg und Ostpreußen in hi-
storischen Ansichten, Augsburg 2002.
Wolfgang Korall, Ernst-Otto Luthardt: Königsberg und das
nördliche Ostpreußen, Würzburg 2005.
Emil Ludwig: Wagner oder die Entzauberten, Berlin 1913.
Sibylle Zehle: Minna Wagner – eine Spurensuche, Hamburg
2013.
Sybille Galka
Schliemanngemeinde Ankershagen
Abb. 17 – Hier könnte der Schuppen mit Schliemanns Waren aus Amsterdam
gestanden haben. Die abgebrannten Lagerhäuser befanden sich südlich davon.
Abb. 15 – Die Wanderdüne auf der Kurischen Nehrung
Abb. 16 – Simon-Dach-Brunnen mit dem
Ännchen von Tharau in Memel