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Seite 46 Informationsblatt 28 März 2017

Beiträge und Berichte

Der Kneiphof war ein Stadtteil Königsbergs, der auf einer Pre-

gelinsel lag. Der Zugang erfolgte über mehrere Brücken, die die

Pregel überquerten, so auch die Grüne Brücke. Neben dieser

Brücke befand sich auf dem rechten Ufer die 1800 errichtete

Börse mit dem 1864 abgebrochenen Grünen Tor und dem dar-

auf errichteten Turm (Abb.6).

Im Friedländer Tor (Abb. 7) befindet sich ein Museum zur Ge-

schichte Königsbergs, mit einem kleinen Kino, in dem ein Film

von dem alten Königsberg gezeigt wird. Die Aufnahmen und

die Exponate lassen die viel gerühmte Schönheit der Stadt erah-

nen. In mir kommt Wehmut auf. Ich hätte das richtige Königs-

berg gern so erleben wollen.

Der Königsberger Dom und das Kant-Denkmal sind die einzi-

gen Bauten des Kneiphofes, die den zweiten Weltkrieg und die

nachfolgenden Abrisse der Häuser auf dem Kneiphof für den

Wiederaufbau der Stadt Leningrad, überstanden. Der Dom wur-

de in Anbetracht des dort befindlichen Grabes von Immanuel

Kant verschont. In den 1990er Jahren begann der Wiederaufbau

des Domes. Leider nicht fachgerecht: Die Verwendung von Be-

ton in dem durch Backsteinziegel errichteten Bau veränderte

die Statik des Domes, was sich in den zahlreichen Rissen im

Mauerwerk deutlich erkennen lässt. Nichts desto trotz erlebten

wir ein wunderbares Konzert mit Werken Richard Wagners in

dem Dom (Abb. 8 und 9).

Ostpreußen verfügt über

eine

beeindruckende

Landschaft,

Wälder,

kleine Hügel und weite

Flächen, die nicht mehr

landwirtschaftlich ge-

nutzt werden und mehr

und mehr versteppen.

Welche

ungenutzten

Reserven für ein so gro-

ßes Land wie Russland

(Abb. 10)!

Auf dem Weg nach Pillau, wo Richard und Minna Wagner, ihre

abenteuerliche Flucht nach London begannen, verließen wir die

Hauptstraße, um den kleinen Ort Medenau aufzusuchen. Auch

die Kirche dieses Ortes wurde 1947 zerstört und die Reste spä-

ter als Baumaterial für den Straßenbau verwendet. Auf demWeg

zur Kirchenruine kam eine kleine freundliche Frau auf uns zu.

Sie war sicher sehr froh über die Abwechslung, die sich ihr mit

unserem Auftauchen in dem kleinen Dorf bot. Man sah ihr ihre

nicht-preußische Abstammung an: sie ist eine Tatarin, die vor

Jahrzehnten von Stalin aus ihrer Heimat nach Ostpreußen ver-

bracht wurde. Sie wollte mit Sicherheit keine Bäuerin in Ost-

preußen sein, sondern viel lieber auf dem Rücken eines Pferdes

sitzen und durch die Steppe reiten! Ihre Kinder und Enkelkinder

haben Russland verlassen. Wie viele andere Zwangsumgesie-

delte auch. Dies wird eine Ursache für die vielen ungenutzten

landwirtschaftlichen Flächen im Kaliningrader Oblast sein.

Auf dem Weg nach Trakehnen besichtigten wir in Gumbinnen

nicht nur die Salzburger Kirche, sondern auch das östlichste

Gymnasium Ostpreußens. Nicht nur äußerlich, sondern auch

innen fühlte ich mich in das Neubrandenburger Lessinggymna-

sium versetzt. So sehr gleichen sich die Bauten. Hier in Gum-

binnen konnten wir auch einen Elch bestaunen, leider keinen

echten, sondern aus Bronze (Abb. 11 und 12).

Friedrich Wilhelm I. unternahm große Anstrengungen, das

durch die Pest von 1709 entvölkerte Ostpreußen neu zu besie-

deln. Die Protestanten von Salzburg wurden vom Salzburger

Erzbischof des Landes verwiesen. König Friedrich Wilhelm I.

Abb. 6 – Kolorierte Lithografie mit der Börse und dem Grünen Turm in Kö-

nigsberg

Abb. 7 – Das Friedländer Tor in Kaliningrad, heute: Museum

Abb. 8 – Blick auf den Dom

Abb. 9 – Kant-Denkmal

Abb. 10 – Weite Flächen im Kaliningrader

Oblast liegen brach und versteppen