Seite 24 Informationsblatt 25 Dezember 2013
Exkursion
hung vorgenommen werden. Sie diente als Schlosskirche und
wies eine barocke Innenausgestaltung auf. Auch der Kirchturm
wurde nun massiv wieder aufgebaut, gekrönt durch eine drei-
teilige Turmspitze aus welscher Haube, Laterne und dreifach
geschwungenem Helm.
Am 1. Mai 1945 schossen die sich zurückziehenden deutschen
Truppen den Kirchturm in Brand, um den Truppen der Sowjet-
armee diesen wichtigen Aussichtspunkt zu nehmen.
Bereits 1950 konnte die Kirchweihe nach dem Wiederaufbau
vorgenommen werden. Einzig der Turm blieb seiner Spitze
beraubt. Maßgeblich am Wiederaufbau beteiligt war der aus
Westpreußen stammende Architekt Paul Zühlke. Er übernahm
auch die Innenausstattung der Kirche. Sie ist sehr symbolträch-
tig, aber im Sinne der damaligen Zeit schlicht gehalten. Sym-
bolfiguren des Engels, Löwen, Adlers und Stiers stehen für die
vier Evangelisten. Drei ebenfalls in Ton ausgeführte Reliefs für
die Kanzel im Chorraum und ein großes in Holz ausgeführ-
tes Kruzifix mit einer sehr interessanten Darstellung des Ge-
kreuzigten sowie farbige Altarfenster stellen die bedeutendsten
Ausstattungselemente dar.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Orgel: eine Lütkemüller-
Orgel von 1838, die ebenfalls 1945 durch Brand zerstört wor-
den war. Nach jahrzehntelangen Bemühungen gelang es 1977,
eine schon 1966 bei der Potsdamer Firma „Schuke-Orgelbau“
bestellte Orgel durch einen Festgottesdienst einzuweihen und
durch den späteren Einbau von drei weiteren Registern zu kom-
plettieren.
Eine Besichtigung der Fürstengruft schloss sich an. Erbaut
in zwei Bauabschnitten, 1704 und 1819, diente sie als Grab-
lege des Mecklenburg-Strelitzer Fürstenhauses. Vandalismus
in der Nachkriegszeit führte zur Öffnung und Beschädigung
von Särgen. Bis 1998 war die Gruft nur von außen betretbar.
Inzwischen ist der 1945 vermauerte Zugang von der Kirche
in die Gruft wieder geöffnet und durch umfangreiche Res-
taurierungsarbeiten in einen würdigen Zustand gesetzt. Auch
„Dörchleuchting“ ist hier beigesetzt.
Der letzte Teil der sehr interessanten Führung blieb der Turm-
begehung und der Besichtigung des Johannitermuseums vor-
behalten. „Wir setzen dem Turm die Spitze auf“, war die Idee,
die zur Gründung des Kirchturmvereins „Schau auf“ in Mirow
führte. Bereits im März 1989 gab es ein erstes konspiratives
Treffen. In der ehemaligen DDR gärte es bereits. Am 17. 8.
1989 kam es zur Gründung des Vereins, der nach der „Wende“
am 27. 3. 1990 unter der laufenden Nummer 1 ins Vereinsre-
gister eingetragen werden konnte. Auf dem Wege hinauf zur
Kirchturmspitze übernahm Dr. Lippe die Führung, und was er
zu berichten hatte, ist eine Erfolgsgeschichte.
Zunächst aber hatten wir Gelegenheit, eine alte „Bekannte“ an-
zuschauen. Die mit großem Engagement von unseren „Muse-
umsleuten des HSM“ gestaltete Ausstellung „Schliemann auf
Reisen“ wurde vom Johannitermuseum als Sonderausstellung
übernommen, so dass wir Gelegenheit hatten, sie hier noch-
mals zu betrachten. Großes Interesse fand auch der Raum mit
den vielen Büchern. Wir stöberten eine ganze Zeit und einige
Mitglieder fanden interessante Stücke und erwarben sie zum
geringen Preis.
Dem Kirchturm hatte der Verein die Spitze bereits am 12. 11.
1997 wieder aufgesetzt. Dass wir jetzt unserenWeg hinauf neh-
men konnten, ist einer weiteren Idee zu verdanken. Um den
Kirchturm begehbar zu machen, war eine neue Treppe notwen-
dig. So wurde zu einer großartigen Spendenaktion aufgerufen.
„Jeder Mirower kauft eine symbolische Stufe zum Preis von
100 DM“. Schon 5 Monate später konnte die Treppe am Vor-
abend des 8-jährigen Bestehens des Vereins eingeweiht werden.
Die Treppe besteht aus 10 Teilen mit insgesamt 146 Stufen. Auf
einer kupfernen Ehrentafel im Aufgangsbereich sind die Spen-
der namentlich aufgeführt.
Es folgten weitere Aktivitäten, so die abendliche Anstrahlung
des Kirchturms und die Installation einer 12 kWp Solaranlage
zur Stromversorgung (2002).
Auch die Glocken im Kirchturm haben eine lange, interessante
Geschichte. Sie hier vollständig zu erzählen, würde den Rah-
men unseres Exkursionsberichtes sprengen. Die letzten alten
Glocken fielen dem Brand 1945 zum Opfer. Inzwischen wa-
ren zwar zwei neue Glocken mit den Tönen h´ und d´ gegos-
sen worden (1995); es fehlte zu vollständigem Geläut jedoch
noch die große Glocke mit dem Ton g´. Im Mai 2003 fasste der
Kirchturmverein den Beschluss zur Beschaffung der Glocke.
Auch diese weitere Spendenaktion war von Erfolg gekrönt. Am
12. 11. 2003 konnte die Glockenweihe stattfinden.
Im Jahre 2006 letztendlich beschloss man, im Kirchturm ein Jo-
hannitermuseum einzurichten. Es berichtet über die Geschichte
des Ritterordens von seiner Entstehung bis zur Gegenwart.
Die Gründung des Ordens liegt weit zurück und ist Ergebnis
der Kreuzzüge. 1070 entstanden in Jerusalem durch Stiftung
eines Kaufmanns aus Amalfi eine Kirche und ein Kloster. Die
Kapelle der Männer-Herberge war Johannis dem Barmherzi-
gen geweiht. Die Brüder, die dort die Krankenpflege versahen,
nannte man Johanniter. 1099 trennte sich die Johanniterbrüder-
Das große Stöbern