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Seite 17

Informationsblatt 24 Dezember 2012

Mitgliederversammlung

Das historische Pfarrhaus (Mitte des 18. Jh.), neben der Kir-

che das einzige weitestgehend original erhaltende Gebäude aus

Schliemanns Zeiten und Herzstück des Museums, soll zukünf-

tig ausschließlich für Ausstellungszwecke genutzt werden; die

Dauerausstellung soll dabei eine zeitgemäße Neugestaltung

erhalten; der Rundgang und seine inhaltliche Abfolge werden

überarbeitet.

Das vor gut 10 Jahren wiederhergestellte und ausgebaute Stall-

gebäude soll zukünftig ausschließlich für Sonderveranstaltun-

gen wie die Sonntagsvorträge, darüber hinaus aber auch für

Workshops, Jugendarbeit, Bastelgruppen usw. zur Verfügung

stehen.

Auch Kirche und Friedhof sind Bestandteil des Museumsrund-

ganges; auf dem Friedhof befindet sich die Grabstätte der Mut-

ter Heinrich Schliemanns.

Alle Museumsbereiche sind über ein Wegenetz miteinander

verbunden, die in den Pfarrgarten führen und seit kurzem auch

an einen speziellen Heinrich-Schliemann-Wanderweg zu den

Plätzen seiner Kindheit angeschlossen sind.

Die architektonische Idee des Entwurfes für den Neubau sucht

ausgehend von der historischen Situation des Pfarrhofes den

Bezug zum Heute und folgt damit konsequent dem zeitgemä-

ßen pädagogischen Anspruch des Museums, als kulturelle Ein-

richtung die Auseinandersetzung einer Gesellschaft mit ihrer

Vergangenheit zu suchen. Die Standortbestimmung im Span-

nungsfeld zwischen Historischem und Neuem wird themati-

siert. Ein Nachbau der alten Scheune als reetgedecktes Fach-

werkhaus kann diesen Anspruch hier meines Erachtens nicht

verwirklichen.

Die Idee geht von einer möglichst identischen Übernahme von

Standort, Form und Abmessungen der historischen Scheune

aus, abstrahiert bzw. übersetzt dann aber alles Weitere wie

Funktion, Konstruktion, Materialien usw. in eine zeitgemäße

Fassung. Ein klar geschnittener Baukörper, in den ursprüngli-

chen Dimensionen und mit Krüppeldachform stellt konsequent

die städtebauliche Situation des historischen Pfarrhofes zu

Schliemanns Zeiten wieder her.

Um die Abstraktion des Baukörpers zu unterstützen, soll die

gesamte Gebäudehülle aus einem Material verkleidet werden

– im vorliegenden Entwurf wird durch ungleichmäßig breite,

Scharen aus anthrazitfarbenem, matten Zinkblech der Bezug zu

Holzverschalungen gesucht. Fenster und Zugänge in das Ge-

bäude sind als verglaste Ein- oder Ausschnitte in einer freien,

spielerischen Komposition in die Gebäudehülle gesetzt.

Sämtliche Innenwände als auch Teile von unbekleideten Au-

ßenwandflächen sind als weiße, glatte Putzflächen gedacht.

Die Fußböden sind als Ziegel oder Steinböden geplant. Diese

Material- und Farbkombination zeigt die Gestaltmerkmale der

ehemaligen Fachwerkscheune nachvollziehbar auf.

Sowohl Farbe und Struktur des Fassadenmaterials als auch die

unprätentiöse Anordnung der Öffnungen unterstreichen den

Bezug zum historischen Vorbild Scheune und nehmen gleich-

zeitig Rücksicht auf die inhaltliche und gestalterische Domi-

nanz des ehemaligen Pfarrhauses.

Der Zugang in das Gebäude ist über einen kleinen Vorplatz mit

Info-Tafel und einen Gebäudeeinschnitt deutlich markiert.

Im Erdgeschoss sind Kasse, Café, WCs, Garderoben und der

Multivisionsraum so angeordnet, dass ausreichend Bewe-

gungsfreiheit für ankommende Besucher besteht und gleich-

zeitig auch für die Kontrolle und Betreuung der Besucher

möglichst wenig Personal benötigt wird. Das Café ist hier mit

Selbstbedienung an Automaten vorgesehen.

Der Zugang in das Dachgeschoss erfolgt über ein Treppenhaus,

welches sowohl über den Besucherraum als auch direkt von

außen erschlossen werden kann. Im Ober- bzw. Dachgeschoss

sind alle Büroräume sowie Bibliothek, Archiv, Teeküche und

Personaltoiletten über einen Flur miteinander verbunden. Bib-

liothek und Archiv sind mit einem gemeinsamen Lesezimmer

auch abgeschlossen für sich nutzbar. Im Spitzbodengeschoss

ist neben Lager und technischen Räumen auch ein kleiner Be-

ratungsraum denkbar.

Die Gestaltung der Gebäudehülle muss besonderen brand-

schutztechnischen Anforderungen genügen, die sich aus der

vorhandenen Reetdacheindeckung des Stallgebäudes ergeben.

Für die Baukonstruktion ist eine massive Bauweise aus KS-

Mauerwerk und Stahlbeton vorgesehen. Die Gründung erfolgt,

soweit eine Baugrunduntersuchung nichts Gegenteiliges aus-

sagt, auf einer Stahlbetonbodenplatte mit Frostschürze. Die

Außenwände sind gedämmt und mit Blech verkleidet. Das

Dach besteht aus einer Holzkonstruktion als Sparrendach.

Die bauphysikalischen Parameter sollten höchsten und zeitge-

mäßen Ansprüchen genügen. Hoher Wärmeschutz in Kombi-

nation mit kontrollierter Be- und Entlüftung und Wärmerück-

gewinnung werden empfohlen. Soweit die Randbedingungen

es zulassen, wird eine Beheizung über eine Erd-Wasser-Wär-

mepumpe (Tiefenbohrung) vorgeschlagen, da neben einer ener-

giesparenden Beheizung gleichzeitig in den Sommermonaten

eine Kühlung erfolgen kann. Alternativ müsste die Beheizung

analog der vorhandenen Gebäude über Flüssiggas erfolgen.

Die Gesamtbaukosten für den Neubau werden auf knapp 1,3

Mio. € geschätzt. Kosten im Zusammenhang mit der Neuge-

staltung der Ausstellung im Pfarrhaus, der Erstellung des Fil-

mes usw. sind hier nicht einbezogen. Ein grober Überblick

dazu ist in der anfangs genannten Konzeption des Museums

enthalten.

Jens Rupprecht,

Waren (Müritz)