
161
teilgenommen haben dürfte, belegt, dass sie ihre Rolle als Ehefrau eines berühm-
ten Mannes auch in Wien ausfüllte.
125
Während ihres Aufenthaltes im August 1882
suchte sie mehrere Ärzte auf, da sie schon seit Langem leidend war.
126
Schliemann
erwähnte in einem aus Wien an Virchow geschickten Brief,
127
dass sie Heinrich von
Bamberger
128
(1822–1888), einen Spezialisten für Erkrankungen des Herzens, der
Verdauungsorgane und der Nieren, hatten konsultieren wollen; da jener abwesend
gewesen sei, hätten sie sich an dessen Assistenten Kanderer
129
gewendet. Ferner zo-
gen sie den Gynäkologen Carl Braun Ritter von Fernwald
130
(1822–1891) zu Rate,
der Sophia zu einer Kur in Marienbad riet. Im Juni 1886, auf der Durchreise zur Kur
in Franzensbad, machte Sophia Schliemann gemeinsam mit ihren Kindern Andro-
mache
131
(1871–1962) und Agamemnon
132
(1878–1954) einen Tag Station in Wien;
bedingt durch den ununterbrochenen Regen besuchten sie – wie Sophia in einem
Brief an ihren Mann beinahe entschuldigend vermerkte – nur den Stephansdom.
133
Auch im Jahr 1890 haben sich Sophia, Andromache und Agamemnon Schliemann
kurz in Wien aufgehalten; ihr Quartier nahmen sie im Hotel „Imperial“. Ziel ih-
rer Reise war abermals nicht Wien, sondern der Kurort Kaltenleutgeben, etwa eine
Stunde südwestlich Wiens in Niederösterreich gelegen.
134
Dieser Überblick zeigt, dass Schliemann mannigfaltige Kontakte zuWien hatte und
– wie er in einem Interview angab, das in der „Neuen Freien Presse“ gedruckt wur-
de
135
– die Stadt wohl auch schätzte: „Schliemann schildert da den mächtigen Ein-
druck, welchen Wien auf ihn mache, wie er den Glanz der Neubauten, insbesondere
den der prächtigen Museen bewundere, […] wie gerne er den Genüssen, welche die
‚Wiener Musikstadt‘ bietet, sich hingebe, so oft er nur könne. […] ‚Wir blieben so
125
Bastl o. J. (2011), S. 143 Anm. 8. Den Hinweis auf diese Einladung verdanke ich Beatrix Bastl
(Akademie der bildenden Künste, Wien).
126
Zu den gesundheitlichen Problemen Sophia Schliemanns s. den Briefwechsel zwischen Schliemann
und Virchow in den Monaten Juni bis August 1882 (Herrmann/Maaß/Andree/Hallof 1990, S. 314–330).
127
Herrmann/Maaß/Andree/Hallof 1990, S. 329 Nr. 311.
128
Zu Heinrich von Bamberger s. NDB 1, 1953, S. 572 (K. Schadelbauer); ÖBL 1, 1954, S. 47.
129
Ein Arzt dieses Namens ist im Wiener Adressverzeichnis nicht vorhanden; auch in ÖBL, ADB und
NDB wird kein Dr. Kanderer verzeichnet. – Vermutlich suchten sie Josef Kauders (1850–1916) auf,
der in den achtziger Jahren erster Assistent Bambergers war (vgl. etwa das Amtsblatt zur Wiener
Zeitung, 21. April 1882, Nr. 91, S. 742, sowie einen Nachruf auf Kauders in der Neuen Freien
Presse, 8. August 1916, Nr. 18665 [Abendblatt], S. 1).
130
Zu Carl Braun Ritter von Fernwald s. ÖBL 1, 1954, S. 109; NDB 2, 1955, S. 558 (L. Schönbauer).
131
Zu Andromache Schliemann s. Einsle/Bölke 1996, S. 138f.
132
Zu Agamemnon Schliemann s. Einsle/Bölke 1996, S. 138.
133
Vgl. dazu Briefe Sophia Schliemanns an Heinrich Schliemann vom 17. bis 21. Juni 1886 (Boubou-
Protopapa 2005, S. 238–241 Nr. 144–146).
134
Traill 1995, S. 290, 292f.; Coulmas 2001, S. 265–271. S. auch Meyer 1958, S. 365f. Nr. 342;
Herrmann/Maaß/Andree/Hallof 1990, S. 549f. Nr. 581, 551 Nr. 583, 553 Nr. 585, 562–564 Nr. 596;
Boubou-Protopapa 2005, S. 254–256 Nr. 160f.
135
Neue Freie Presse, 19. September 1884, Nr. 7207 (Morgenblatt), S. 4.