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Auf jederlei Kritik einer seiner Familienangehörigen gegenüber seiner Person und

seinen Handlungen reagierte Schliemann äußerst empfindlich und oft schonungs-

los. Jede seiner Geschwister musste dies einmal erfahren. Meist strafte er den

Verursacher mit dem vorübergehenden Entzug seiner Zuwendung, dem Nichtbe-

antworten von dessen Briefen. Und gerade die Schwestern litten darunter sehr!

Je mehr die Zeitungen in aller Welt über Schliemanns Erfolge und seinen Reich-

tum berichteten, je bekannter er in der Öffentlichkeit wurde, umso mehr Leute

wandten sich mit Briefen an ihn, um ihn um seine finanzielle Hilfe in ihren persön-

lichen Notlagen zu bitten. Auf solche „Bittstellerbriefe“ reagierte Schliemann sehr

empfindlich. Er vertrat die Meinung, dass er sich seinen Reichtum hart erarbeitet

habe und erwartete dies auch von seinen Bittstellern. Auch gegenüber seinen Ver-

wandten blieb er oft in seinen ablehnenden Reaktionen unerbittlich. Das mussten

vor allem sein Halbbruder Ernst und sein Vetter Adolph erfahren, als diese durch

geschäftliche Fehlentscheidungen bzw. Spielschulden in eine existentielle Notlage

geraten waren.

Schliemann konnte sich aber auch sehr großzügig zeigen, immer dann, wenn von

ihm selber der Entschluss ausging, helfen zu wollen, so unterstützte er auch not-

leidende Einwohner seines Heimatortes Ankershagen, die er von der Kindheit her

kannte. Oft war Schliemanns Hilfe aber auch mit entwürdigenden Auflagen ver-

bunden. Letzteres musste besonders der Vater erleben, der die Geldzuwendungen

seines Sohnes als entehrend empfand und diese aus Schamgefühl sogar eine Zeit-

lang nicht annehmen wollte.

Schliemann war ein „Gesundheitsfanatiker“. So bezeichnete ihn seine Tochter

Andromache. Er liebte sportliche Betätigungen, ritt gerne und hielt sich in St.

Petersburg und Athen eigene Reitpferde. Auf all seinen abenteuerlichen Reisen in

Länder und Gegenden mit unwegsamem Gelände benutzte er bis ins hohe Alter

Pferde, Maultiere und Esel zur Fortbewegung und konnte dies tagelang ertragen!

Das Schwimmen war ihm ein Bedürfnis, in Athen ritt der Kurzschläfer täglich in

aller Frühe in Begleitung seiner Tochter fünf Meilen nach Phaleron, um im Meer

zu baden. Ärzte glaubten später, dass dieses intensive Meeresschwimmen zu den

Blasen- und Ohrenbeschwerden bei Schliemann geführt hätte. Mit zunehmendem

Alter befürchtete Schliemann, einen Schlaganfall zu bekommen, er machte Diät-

und Kaltwasserkuren und unterzog sich regelmäßig gymnastischer Übungen und

Massagen, verordnete sie auch seinen Schwestern.

Das Rauchen behielt Schliemann als geistiges Stimulierungsmittel ein Leben lang

bei. Er bestellte die von ihm bevorzugten Markenzigarren, nach seiner ersten Ku-

bareise waren es Havanna-Zigarren, in größerer Stückzahl bei seinem Halbbru-