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Seite 67

Informationsblatt 31 Februar 2020

In memoriam Dr. phil. Klaus Goldmann (1936 – 2019)

Mitteilungen der Gesellschaft

Die Bekanntschaft mit Klaus

Goldmann, aus der eine le-

benslange, tiefe Freundschaft

wurde, begann Ende der

1980er Jahre auf dem Bo-

den des Pfarrhauses in An-

kershagen. In Russland hatte

man begonnen, der Frage

nach der so genannten Beu-

tekunst nachzugehen. In der

Alt-BRD war es namentlich

Klaus Goldmann, der nach

im 2. Weltkrieg verscholle-

nen Kunstgütern forschte – in

beiden Richtungen nachWest

wie nach Ost und nicht immer zu Freude seiner Vorgesetzten.

Besonders im Blick hatte er das troianische Gold, das er lan-

ge Zeit in den USA vermutete. Nun keimte der Verdacht, es

könnte sich in Moskau befinden, eine Vermutung, in der ich ihn

bestärkte, dem Gerüchte hörend, das sich später als Wahrheit

erweisen sollte. Ich sagte ihm damals, dass ich bereit sei, ihm

mit meiner Sach- und Landeskenntnis zu unterstützen. Nach

etwa einer Woche machte er sich mit Dr. Günter Wermusch und

mir auf den Weg nach Russlands Hauptstadt. Es dauerte noch

einige Jahre, bis endlich Klarheit herrschte und Klaus Gold-

mann am 24. Oktober 1994 im Moskauer Puschkin-Museum

das Schliemannsche Gold in den Händen halten konnte. Dass

das russische Versteckspiel endlich ein Ende fand und die Pre-

tiosen aus Troia wieder der Öffentlichkeit und der Wissenschaft

zugänglich wurden, war vor allem das große Verdienst Klaus

Goldmanns, dank seiner Hartnäckigkeit, seinem unerschütterli-

chen Idealismus und diplomatischen Geschick.

Nach einer vorübergehenden Hinwendung zum Wirtschaftsin-

genieurwesen studierte Klaus Goldmann ab 1963 Ur- und Früh-

geschichte, Vorderasiatische Altertumskunde, Ägyptologie und

Völkerkunde an der Freien Universität Berlin und an der Uni-

versität zu Köln. 1970 promovierte er dort mit der Dissertation

„Chronologische Gruppierung in der Älteren Bronzezeit“. Seit

1971 arbeitete er im Museum für Vor- und Frühgeschichte der

Staatlichen Museen zu Berlin (Preußischer Kulturbesitz). 1973

wurde er Kustos, 1978 Oberkustos. Seit 1974 leitete er mit viel

Hingabe denAuf- undAusbau des Museumsdorfes Düppel, das

sich mit seiner breitgefächerten museumspädagogischen Arbeit

beim Publikum großer Beliebtheit erfreute.

Nachdem Klaus Goldmann 1986/1987 für diese sehr spezielle

Aufgabe von anderen Verpflichtungen freigestellt worden war,

intensivierte er seine Nachforschungen zum Verbleib ausgela-

gerter bzw. verschleppter Kunstgüter und Sammlungsbestände

aus den Berliner Museen während des 2. Weltkrieges und nach

seinem Ende 1945. Folgerichtig wurde er 1993 Mitglied der

Berlin-Brandenburgischen Museumskommission, und ebenso

folgerichtig wurden 1995 seine Leistungen mit der Verleihung

des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt. Auskunft über seine

Nachforschungen, die auch das Bernsteinzimmer einschließen,

geben u. a. die Bücher (mit Günter Wermusch) „Vernichtet, ver-

schollen, vermarktet. Kunstschätze im Visier von Politik und

Geschäft“ (1992) oder (mit Wolfgang Schneider) „Das Gold

des Priamos. Geschichte einer Odyssee“ (1995).

Klaus Goldmanns Nachforschungen nach verschwundenem

Museumsgut waren ohne ein gutes Netzwerk mit anderen In-

stitutionen undenkbar. Hervorzuheben sind dabei die guten,

unbürokratischen und von gegenseitigem Vertrauen getragenen

Kontakte zu Kollegen in der DDR (noch vor 1989), sei es im

Museum für Ur- und Frühgeschichte, im Zentralinstitut für Alte

Geschichte und Archäologie der AdW der DDR oder im Hein-

rich-Schliemann-Museum in Ankershagen. Sie reichten in die

USA, nach Polen und in die Sowjetunion/Russland.

Es würde ein sehr einseitiges Bild ergeben, wenn man den Wis-

senschaftler und Forschergeist Klaus Goldmann nur auf die

„Jagd“ nach verschollenem Museumsgut reduzieren würde.

Er war weit mehr – ein innovativ Suchender nach neuen For-

schungsfeldern, mitunter auf Nebenwegen mit erstaunlichen

Fragestellungen. In diesem Sinne war er als Kenner der euro-

päischen, namentlich der mittel- und osteuropäischen Bronze-

zeit zugleich Ethnoarchäologe, Paläoklimatologe, Paläoöko-

loge und Päläohydrologe. Ihn interessierte der Umgang der

bronzezeitlichen Menschen mit ihrer Umwelt, die Beziehung

Mensch und Landschaft, insbesondere der Umgang (bis ins

Mittelalter) mit den vorhandenen Wasserressourcen und ihrer

Nutzung. Es waren der Spreewald, seine Entstehung und hy-

drologische Bedeutung, die ihn immer wieder darüber nachsin-

nen ließen. Bemerkenswert sind ebenso seine Untersuchungen

zum Peenestrom, die zu dem Versuch einer Neulokalisierung

der sagenumwobenen Stadt Vineta führten, dargestellt in (mit

G. Wermusch) „Vineta. Die Wiederentdeckung einer versun-

kenen Stadt“ (1999, aktualisiert 2001). Manches mag in Klaus

Goldmanns Überlegungen spekulativ sein, trotz der vielen her-

angezogenen und analysierten Quellen, aber sind es nicht oft

genug diese spekulativen Momente, die der Wissenschaft neue

Sichtweisen eröffnen.

Am 14. Januar 2020 haben wir im Hause des Schriftstellers

Heinrich Alexander Stoll („Der Traum von Troja“, 1956) bei

der Familie Christiane und Burkhard Unterdörfer eine Kerze

angezündet und uns an einen wunderbaren Menschen und lie-

benswerten Freund erinnert.

„Nach ewigen, ehrnen großen Gesetzen müssen wir alle unse-

res Daseins Kreise vollenden“ (Goethe). Der Lebenskreis von

Dr. Klaus Goldmann hat sich für immer geschlossen. Lieber

Klaus, chaire.

Prof. Dr. Armin Jähne