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Informationsblatt 28 März 2017
Beiträge und Berichte
Schliemann unterstützte auch notleidende Einwohner aus An-
kershagen, die er aus seiner Kindheit kannte und die er bei
seinen Besuchen wiedergesehen hatte. Dazu gehörte auch der
Tagelöhner Friedrich Suhrweier. Bemerkenswert ist die große
Anhänglichkeit, die Schliemann für den alten Suhrweier heg-
te. Es ist nämlich derselbe Suhrweier, der in jungen Jahren bei
seinem Vater als Knecht gedient und als 28-jähriger Mann die
Beschwerde der Ankershagener Dorfschaft über das unmora-
lische Verhalten seines Vaters dem Präpositus in Waren vorge-
tragen hatte. Er wird in den Gerichtsakten dann mehrmals als
Belastungszeuge gegen Heinrichs Vater genannt.
Aus Schliemanns Briefen spricht eine tiefempfundene
menschliche Beziehung zu diesem alten Mann. Sie muss wäh-
rend seiner Kinderjahre durch einen engen persönlichen Kon-
takt entstanden sein. Der Tagelöhner war der einzige Mensch
aus Ankershagen, mit dem Schliemann bis zu dessen Tod über
seinen Freund Wilhelm Rust aus Neustrelitz in Verbindung
geblieben war und den er regelmäßig mit Geldsendungen un-
terstützt hat.
Als Suhrweier im Jahre 1888 85-jährig starb, war Schliemann
ernstlich betroffen. Aus Athen schrieb er im Juni 1888 an Rust:
„Mit ihm ist leider das letzte Mitglied des alten Ankershagen,
wie ich es vor siebenundfünfzig Jahren kannte, verstorben.“
Im schriftlichen Nachlass Heinrich Schliemanns befindet sich
ein Brief der Witwe Suhrweiers, den sie ihm am 27. Januar
1889 aus Friedrichsfelde geschrieben hatte. Der Inhalt lautet
im Originaltext:
Heinrich Schliemann erhält ein Bittgesuch von der Witwe Suhrweier
Wenn wir auch selten erfahren, ob und wie Schliemann auf
Bittgesuche reagiert hat, im Fall der Witwe Suhrweier können
wir es: Einem Brief, den Schliemann Anfang Januar 1890 an
Pastor Becker in Ankershagen gesandt hat und in dem er sei-
nen angekündigten Besuch seines Heimatortes wegen seines
Aufenthaltes in Troja zum wiederholten Male absagen muss-
te, erfahren wir, dass er diesem für die Witwe Suhrweier, „die
mich um Geld gebeten hat“, 30 Mark gesandt hatte.
Dr. Wilfried Bölke
Schliemanngemeinde Ankershagen
Friedrichsfelde d. 27.1.89.
Sehrgeehrtester Herr Docktor!
Da ich als arme Wittwen von 79 Jahren allein dastehe; ich bin zwar bei meinen Kindern in Friedrichsfelde, die aber der liebe
Gott mit elf Kinder gesegnet hat und mir nicht zu Hülfe kommen können, nehme ich meine Zuflucht zu dem gütigen Herrn
Docktor, der seine milde Hand noch nie zurück gezogen hat, auch ferner bei einer armen Wittwen nicht zurück ziehen wird.
In der Hoffnung, meine Bitte nicht verfehlt zu sehen, unterzeichnet sich demütigvoll
Wittwe Suhrweier geb. Groth