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Seite 39

Informationsblatt 27 März 2016

parischen Inseln und zum Ätna. Und als das Wasser abgelau-

fen war, kehrten sie zum Parnassos zurück und besiedelten die

Erde neu.

In 2917 m Höhe steht auf dem Ätna ein rätselhafter Turm aus

römischer Zeit. Das Gemäuer ist als Torre del Filosofo (Turm

des Philosophen) bekannt. Die Legende erzählt, hier habe der

Philosoph, Arzt und Regent der Stadt Agrigent Empedoklos

(ca. 483-425 v. u. Z.) sein Ende gefunden. War es Leichtsinn

oder wollte er seine Unsterblichkeit demonstrieren, als er sich

in die brodelnde Tiefe des Kraters warf? Dann hätte der Ätna

ihn verraten, denn nachdem er seinen Leib verschlungen hatte,

spie er nur seine bronzenen Sandalen wieder aus. Man fand

sie am Kraterrand. Seine Äußerung: „Die Agrigenter essen, als

ob sie morgen sterben, und sie bauen, als ob sie ewig leben

wollten“, gibt uns einen Eindruck vom Lebensgefühl in der da-

maligen Stadt. Allerdings war dieser Wohlstand nur von kurzer

Dauer. Das Tal der Tempel haben wir besichtigt.

Am ältesten Tempel fuhren wir aber vorbei. Der Herakles-Tem-

pel befand sich, wie Cicero bestätigt, nicht weit vom Forum

der Stadt. Seine acht 10 m hohen Säulen wurden 1922 von Sir

A. Hardastle wieder aufgerichtet. Was nun Herakles mit Sizi-

lien verbindet, ist nur eine Episode im ereignisreichen Leben

des Sagenhelden. Durch Heras List kam Herakles als Enkel

des Perseus später auf die Welt als Eurystheus. Dieser wurde

König von Mykene und Herakles musste sich ihm unterwer-

fen. Die zwölf Arbeiten, die ihm Eurystheus aufzwang, sind

jedem Freund der griechischen Sagenwelt bekannt. Als eine der

letzten Arbeiten befahl ihm Eurystheus, die Rinder des Riesen

Geryones zu rauben. Schon auf dem Wege zur Insel Erythia,

der Heimat des Riesen, bestand der Held Abenteuer. Auf der

Insel angekommen, wurde er beim Raub der Rinder überrascht

und stellte sich dem Riesen mit dreifachem Leib zum Kampf.

Seinen tödlichen Pfeilen erlag Geryones.

So trieb er die Rinder durch Iberien und Italien. Bei Rhegium

entlief ihm ein Ochse, setzte nach Sizilien über und entkam.

Herakles trieb die Herde nun ebenfalls durchs Wasser, fasste ei-

nen der Ochsen am Horn und fing in Sizilien den entkommenen

Stier ein. Nach mancherlei Abenteuern gelangte er über Italien,

Illyrien und Thrakien

nach Griechenland zu-

rück.

Wie bekannt und ge-

schätzt die Sagen um

Odysseus und Herakles

waren, sahen wir in der

Villa Romana del Casa-

le mit ihren herrlichen

Fußbodenmosaiken.

Hier begegneten wir

bildlich den Taten des

Herakles und sahen die

Höhle des Polyphems,

der neben seinem einen

Auge auf der Stirn noch

seine zwei „normalen“

Augen besitzt (Abb. 3).

Sicherlich erinnern sich noch einige Reiseteilnehmer an die

Kinderzeichnungen im kleinen Museum der Ruinenstadt von

Heraclea Minoa, die eben dieses Ereignis darstellten. An den

Küstenstrich zwischen Heraclea Minoa und Agrigent knüpft

sich auch die Sage vom aus Kreta vor dem König Minos ge-

flüchteten Dädalos. Zusammen mit seinem Sohn Ikaros (Abb.

4) entfloh er mit selbstgebauten Flügeln durch die Lüfte. Trotz

der Warnungen seines Vaters kam Ikaros jedoch der Sonne

so nahe, dass das Wachs, welches die Federn zusammenhielt,

schmolz und Ikaros ins Meer stürzte. Die Inseln, wo sein Leich-

nam angespült wurde, heißen seither die Ikarischen Inseln. Dä-

dalos erreichte Sizilien und fand bei dem König Kokalos gast-

liche Aufnahme. Ihm erbaute er eine uneinnehmbare Burg zur

Aufbewahrung seiner Schätze. Auch erweiterte er den Aphro-

dite-Tempel auf dem Vorgebirge Eryx und weihte der Göttin

eine kunstvoll gearbeitete goldene Honigzelle. Als nun König

Minos von Kreta den Aufenthaltsort von Dädalos erfuhr, fasste

er den Entschluss, mit einem Heer nach Sizilien zu segeln, um

Dädalos zurückzuholen. An Kokalos schickte er eine Botschaft

und verlangte die Auslieferung des Geflüchteten. Kokalos war

über den Einfall des Heeres in sein Reich in Wut geraten und

sann auf Rache. Unter dem Vorwand, auf alle Forderungen des

Kreters einzugehen, lud Kokalos Minos in seine Burg. Besorg-

nis heuchelnd, Minos müsse sich vom langen Weg im warmen

Bade reinigen, ließ Kokalos das Wasser so lange erhitzen, bis

der Kreterkönig erstickte. Die Leiche überließ Kokalos den

Kretern, die ihren König bei Agrigent bestatteten und über sei-

nem Grab einen offenen Aphrodite-Tempel erbauten.

Auch an den Dioskurentempel in Agrigent ist eine mytholo-

gische Sage geknüpft. Mit seinen vier wieder aufgerichteten

Säulen ist er das Wahrzeichen von Agrigent. Hier befand sich

im 6. und 5. Jh. v. u. Z. ein unterirdischer Gebäudekomplex

der chthonischen Gottheiten Demeter und Kore (Persephone).

Die mythologische Sage berichtet, wie Kore, eine wunderschö-

ne Jungfrau, vom Gott der Unterwelt Hades, welcher in Lie-

be zu ihr entflammt war, in die Unterwelt entführt wird. Ihre

Mutter Demeter suchte verzweifelt nach ihrer Tochter. Die Ver-

nachlässigung ihrer Aufgaben führte dazu, dass das Getreide

nicht mehr wuchs und die Weinrebe keine Früchte mehr trug.

Es kommt zu einer verheerenden Hungersnot. Die alarmier-

ten Götter führen einen Kompromiss herbei, nach dem Kore

Beiträge und Berichte

Abb. 3 – Polyphem mit drei Augen, Villa

Romana del Casale

Abb. 4 – Ikaros, Agrigent