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Seite 45

Informationsblatt 23 Dezember 2011

Berichte und Beiträge

Auf unserer diesjährigen Reise in den Norden Griechenlands

suchten wir für vier Nächte ein Hotel. Wir folgten einem

Regenbogen, der uns direkt auf einen Parkplatz ans Meer führ-

te. Zufällig trafen wir eine alte Dame, die eine schöne Pension

hatte. Dort haben wir dann gewohnt. Morgens mussten wir

immer mit ihr in der Küche frühstücken. Sie hatte früher in

Stuttgart gearbeitet und hat uns jetzt auf Griechisch-Deutsch-

Schwäbisch unterhalten. Leider haben wir kaum etwas verstan-

den - doch mit dem Herzen versteht man sich, wenn man will!

Der Ort hat eine schöne Promenade am Meer entlang mit Blick

auf den Olymp, der noch viel Schnee hatte. Man erzählte uns,

dass die meisten Familien in Deutschland waren oder noch

sind. Viele jüngere Leute, die damals noch Kinder waren, wür-

den gerne zurück nach Deutschland gehen.

Ein sehr schönes Erlebnis hatten wir in der Nähe von Korinth.

Doch dazu muss ich etwas ausholen:

Auf dem Hagener Wochenmarkt stehen viele ausländische

Händler. Als ich an einem Stand griechische Worte hörte, war

ich elektrisiert! Mit der Zeit lernten wir uns näher kennen.

Als Christos dann hörte, dass wir nach Griechenland kämen,

mussten wir ihm und seiner Freundin Dimitra versprechen, die

Familie seiner Freundin zu besuchen. Sie wohnt in einem klei-

nen Bergdorf mit Namen Neo Salmenico.

Einen Tag nach Ostern haben wir die Familie besucht. Da

die Beiden auch zu der Zeit dort waren, hatten wir keine

Verständigungsschwierigkeiten. Wir waren sehr beeindruckt!

Im Haus wohnen die Großeltern und der Sohn mit Frau und

drei Kindern. Wir wurden sehr lieb aufgenommen.

Der Großvater arbeitet bei der griechischen Eisenbahn. Da aber

viele Strecken gestrichen wurden, auch die auf der Peloponnes,

wurde er versetzt und bekommt weniger Geld. Nebenbei er-

zählte uns die Tochter, dass ihre Eltern schon geheiratet ha-

ben, als sie 12 bzw. 15 Jahre alt waren. Mit 18 hatte die Mutter

schon 4 Kinder. Heute ist so etwas nicht mehr üblich.

Der Sohn ist Landwirt und Imker. Seine Kinder sind sehr gut

erzogen. Auch legt die Familie großen Wert darauf, dass die

Kinder lernen. So konnten wir uns sehr gut auf Englisch un-

terhalten. Die beiden Mädchen, 9 und 12 Jahre alt, wurden mit

6 Jahren schon angelernt, den Haushalt zu führen. Mit Putzen,

Waschen und Bügeln fühlen sie sich nicht überfordert. Ich

glaube, bei uns wäre das eine Zumutung für die Kinder und es

gäbe ein großes Geschrei. Der kleine Bub ist knapp 2 Jahre alt.

Er hat uns gleich als Oma und Opa adoptiert. Als wir wieder

fuhren, hat er bitterlich geweint.

Christos kommt aus Yoannina. Sein Vater ging früh nach

Deutschland, später kam die Mutter mit zwei Kindern nach.

Da die Familie sehr arm war, blieben Christos und sein Bruder

in einem Kinderheim in Yoannina. Es wäre sehr hart gewe-

sen. Der Alltag bestand aus Strafen und Schlägen. Erst mit 11

Jahren durfte er dann nach Deutschland.

Diese Menschen sind uns gute Freunde geworden. Auch als

mein Mann im Krankenhaus lag, kamen sie und wollten uns

helfen.

Auch das gibt es:

Ein Mann, der in den Bergen Nordgriechenlands wohnt, woll-

te so gerne Hafenmeister werden. Sein Wunsch wurde erfüllt.

Leider gibt es in den Bergen aber kein Meer!

Die EU hat für Nordgriechenland Mittel für die Infrastruktur

bereitgestellt. Auch ein kleines Dorf profitierte davon. Da man

aber nicht wusste, wohin mit dem Geld, hat man einfach 16

Brücken gebaut.

Für die neuen Straßen wird kräftig Maut kassiert. Einmal muss-

ten wir für 2,5 km 8 EURO bezahlen. Man trifft auch alle paar

100 m auf Blitzer, die aber nicht angeschlossen sind.

Wenn jemand ein Haus baut, braucht er neun Jahre keine

Steuern zu zahlen, sofern die Moniereisen zu sehen sind. Bei

vier Etagen kommen so 28 Jahre Steuerfreiheit zusammen.

Wenn man eine Bauruine kauft, muss man überhaupt keine

Steuern zahlen.

Leider haben die Griechen auch mit vielen Banden aus

Rumänien undAlbanien zu tun. In Patras war es jetzt besonders

schlimm. Viele Geschäfte sind geschlossen und am Hafen geht

es rund. Die jungen Burschen ärgern Zoll und Polizei. Selbst

die Touristen sind betroffen. Die sollen für das Parken an der

Fähre bezahlen. Auch hängen sich „Mutige“ unter die LKWs

und Wohnwagen. Alle wollen nach Deutschland. Doch die

Fahrer sind die Dummen, denn wenn in Italien ein Fahrer ei-

nen Burschen aus Unachtsamkeit mitbringt, wird er mit einem

Bußgeld belegt. Zwar werden die LKWs vor der Fähre über-

prüft, da aber die Polizei ihre Ausrüstung selber stellen muss,

nützen die kleinen Taschenlampen nicht viel. Nun ist es sogar

schon zu Steinwürfen gekommen.

Übrigens, die Altersrenten sind im Durchschnitt um 30 % ge-

kürzt worden!

Marlies Berchner,

Hagen

Griechenland 2011

Dimitra (r.) und Christos vom Hagener Markt, mit den Nichten und Neffen

Großmutter und Enkelinnen sowie Frau Berchner (l.)