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Grabungen
25
, in denen er sich selber aufgrund des Staubes während der Arbeiten
ein Augenleiden zuzog
26
.
In den folgenden Wochen, in denen Dörpfeld per Brief Bericht erstattete, von
Schliemann Korrekturfahnen seiner Kapitel für die Endpublikation sowie Anwei-
sungen zur Ausgrabung erhielt und sich etwa mit dem Hinweis auf seinen Termin-
plan gegen Schliemanns Drängen auf eine schnellstmögliche Publikation wehrte
27
,
wurden die Südgalerie entdeckt und die Westtreppenanlage zugänglich gemacht –
charakteristische Befunde der tirynther Burg. Auch die bereits bekannte Ostgalerie
ließ Dörpfeld freiräumen
28
; beide Galerien wurden von ihm als Magazine gedeu-
tet
29
. Deutsche Maurer der Eisenbahn Nauplia – Korinth halfen bei der Sicherung
der Gewölbe durch „gutes Cementmauerwerk“
30
.
Wichtig im Zusammenhang mit Dörpfelds Arbeiten an der Befestigung ist seine
Feststellung, dass die Funde unmittelbar unterhalb der Oberburg im Laufe der
Jahrhunderte von der Burg herabgerutscht sein dürften und daher aus Objekten
verschiedenster Zeitphasen bestehen würden
31
. Dies hätte etwa für die Fresken-
und Keramikfunde am Fuß der Treppe der Westtreppenanlage zu gelten, die aus
dem Palast stammen sollten
32
. Ebenfalls außerhalb der Burg wurde an ihrer Süd-
ostecke ein weiterer, aus Dörpfelds Sicht bemerkenswerter Fund gemacht – eine
große Anzahl Figurinen und Keramik, die er als Weihegeschenke von einem Tem-
pel oder Altar ansah und daher die Grabung in diesem Areal vergrößerte – was
die Kosten der Kampagne seiner Schätzung nach um 200–300 Drachmen erhöhen
sollte
33
. Am 18. Juni endete die Grabung
34
, deren Gesamtkosten mir leider unbe-
kannt sind.
Vor der Entdeckung der ersten Linear B-Tafeln und damit selbstverständlich auch
vor ihrer Entzifferung stellte sich Schliemann die Frage, wer die tirynther „Kyk-
lopenmauern“ errichtet haben könnte. Über das Studium antiker Mythen schloss
Schliemann auf phönikische Kolonisten als Erbauer von Tiryns
35
. Aufgrund von
Anlagen in phönizischen Kolonien in Nordafrika, die den Galerien von Tiryns
25
Meyer 1958, S. 210. Die Ackerbauschule liegt im Süden der Burg von Tiryns; die von Dörpfeld
genannte Straße dürfte die parallel zum Felsrücken verlaufende Straße Nauplia – Argos sein.
26
Meyer 1958, S. 215.
27
Herrmann/Maaß 1990, S. 449–451; Meyer 1958, S. 209–218.
28
Dörpfeld in: Schliemann 1886, S. 354–356 mit Plan Nr. 125.
29
Meyer 1958, S. 213f.
30
Meyer 1969, S. 347.
31
Dörpfeld in: Schliemann 1886, S. 356.
32
Dörpfeld in: Schliemann 1886, S. 382.
33
Dörpfeld in: Schliemann 1886, S. 356; Meyer 1958, S. 215.
34
Meyer 1958, S. 217.
35
Schliemann 1886, S. 22–32.