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Seite 63

Informationsblatt 28 März 2017

dabei vor allem die Reduzierung der freiwilligen Aufgaben, zu

denen die Finanzierung der Museen gehört. Im September 2014

wurden wir über Pläne des Landkreises informiert, die Muse-

en, die sich jetzt in der Trägerschaft des Kreises befanden, trotz

der negativen Erfahrungen in der Vergangenheit, in einer neu zu

schaffenden GmbH „Wirtschaftsförderung Mecklenburgische

Seenplatte“ zusammen zu fassen. Frühzeitig lehnte das Museum

und die HSG die Eingliederung des Museums in eine GmbH ab,

weil sie befürchtete, dass ökonomische Aspekte zukünftig in den

Vordergrund gerückt werden und die nationale Besonderheit des

Schliemann-Erbes dem Begriff „touristische Attraktivität“ un-

tergeordnet wird. Die Gesellschaft darf laut ihrer Satzung aus-

schließlich gemeinnützige Zwecke verfolgen. Es war zu befürch-

ten, dass die Gesellschaft ihre Gemeinnützigkeit verlieren würde,

was den Rückgang des Spendenaufkommens zur Folge hätte und

nach Verlautbarung des Kultusministeriums die Möglichkeit einer

weiteren Landesförderung einschränken könnte.

In den vergangenen zehn Jahren erhielt das Museum von der HSG

290.000 Euro, hier flossen auch Gelder von Stiftungen und ande-

ren Spendern ein. Mit diesen Finanzen wurden all jene Aufgaben

gemeistert, die der Landkreis als Träger des Museums nicht über-

nehmen konnte: Finanzielle Mittel für den Aufbau des ehemali-

gen Stallgebäudes zu einem Vortrags- und Veranstaltungsraum

des Museums, die elektronische Archivierung, den Ankauf von

Autographen und Büchern für das Archiv und die Bibliothek, die

Anschaffung von Materialien für Kinderveranstaltungen und die

Finanzierung von Vorträgen zum Beispiel.

Und es droht das schlimmste denkbare Szenario: die Löschung

aus dem Blaubuch national bedeutsamer Kultureinrichtungen, in

dem aus dem Landkreis nur das Heinrich-Schliemann-Museum

Ankershagen und das Fallada- Museum in Carwitz aufgenommen

sind. Auf all diese fatalen und Existenz bedrohenden Folgen hat

der Vorstand der HSG den Landrat 2014 in drei an ihn gerichteten

Briefen aufmerksam gemacht, mit der Bitte um ein klärendes Ge-

spräch. Eine Antwort hat sie nicht erhalten. Mitte des Jahres 2015

wurde die kreiseigene Wirtschaftsförderungs-GmbH (ohne dass

der Name Kultur überhaupt eine Erwähnung findet!) gegründet

und eine Geschäftsführerin berufen.

Mitte Dezember 2015 fasste der Kreistag einen weiteren Be-

schluss, um das noch offene Gemeinnützigkeitsproblem zu lösen:

Die gemeinnützige Welcome Center Mecklenburgische Seenplatte

GmbH (WCC), zu der das Drei-Königinnen-Palais in Mirow ge-

hört, sollte zur „MuSeEn GmbH“ ausgeweitet werden und als ge-

meinnützige Gesellschaft unter dem Dach der WFM die Museen

betreiben. Details müssten noch geregelt werden!

Wie immer diese Regelung aussehen wird, es ist nun deutlich ge-

worden, dass der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte entwe-

der die Bedeutung des HSM als Blaubuchmuseum nicht erkannt

hat oder aber nicht bereit bzw. in der Lage ist, diese Einrichtung

als national bedeutsame Gedenk- und Forschungsstätte als Träger

weiter zu betreiben. Am 26. Dezember vorigen Jahres begingen

wir den 125. Todestag des weltbekannten Archäologen und Troja-

Ausgräbers. Zu diesem Anlass sollte das Fachwerkhaus aus dem

18. Jh., in dem das Museum untergebracht ist, dringend renoviert

und saniert sowie eine neue Dauerausstellung eingerichtet werden,

die seit 1998 besteht und aktualisiert sowie modernisiert werden

müsste. Wegen der fehlenden Finanzen wurden diese Vorhaben

vom Kreis immer wieder verschoben.

Das HSM organisierte aus Anlass des Schliemann-Jubiläums im

September 2015 mit Unterstützung der HSG in Neubrandenburg

und Ankershagen zum 11. Mal eine wissenschaftliche Tagung,

an der 27 Referenten aus sieben Ländern teilnahmen. Die Refe-

rate werden im Februar 2016 in zwei Bänden veröffentlicht. Die

Tagung stand unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident

Erwin Sellering. Unseren Einladungen waren bedauerlicherweise

weder Vertreter des Kreises noch des Landes gefolgt, was bei den

Teilnehmern der Tagung Befremden ausgelöst hat.

Ein weiteres Problem wird in der nächsten Zeit einer Lösung be-

dürfen und die Unterstützung des Kultusministeriums erforder-

lich machen. Der derzeitige Leiter des HSM, Dr. Reinhard Witte

geht aus Altersgründen in Kürze in den Ruhestand, was eine Neu-

besetzung der Leiterstelle erforderlich machen wird. Es steht zu

befürchten, dass der Landkreis die Stelle aus finanziellen Grün-

den nicht wieder mit einem Wissenschaftler neu besetzen wird.

Dies wäre aber bei dem Status des Museums dringend geboten,

um eine kontinuierliche Fortführung der Arbeiten auf dem bishe-

rigen wissenschaftlichen Niveau zu gewährleisten.

Der Vorstand bittet Sie, schon jetzt auf den Landkreis einzuwir-

ken, um zu erreichen, dass die freiwerdende Leiterstelle für eine

Wiederbesetzung wieder öffentlich ausgeschrieben wird.

Die Mitglieder der HSG machen sich angesichts der unsicheren

Lage des HSM berechtigte Sorgen um dessen Zukunft! Nach un-

serer Überzeugung kann diese auf Dauer nur gesichert werden,

wenn die Einrichtung in die Trägerschaft des Landes MV über-

geht. Unser Bundesland sollte sich zu seinem Leuchtturm beken-

nen, der einem weltweit bekannten und verdienstvollen Lands-

mann gewidmet ist! Der Vorstand der HSG versichert, auch zu-

künftig, wie schon in der Vergangenheit, das Museum finanziell

und personell zu unterstützen.

Sehr geehrter Herr Minister Brodkorb, der Vorstand der HSG

ist sehr daran interessiert, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen,

um gemeinsam nach geeigneten Lösungswegen zu suchen. Die

Schliemannfreunde, vor allem im Ausland, könnten nicht verste-

hen, dass ein Museum, das zu DDR-Zeiten von Schliemann-Ent-

husiasten mit viel persönlichem ehrenamtlichen Engagement und

Herzblut ins Leben gerufen und aufgebaut worden ist, das nach

der Wende wegen seiner nationalen Bedeutung die sofortige An-

erkennung und Unterstützung der Bundesrepublik und durch die

Aufnahme in das Blaubuch höchste Anerkennung erfahren hat,

zukünftig nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten von einer

Wirtschaft-GmbH verwaltet wird und so seine bisherige Selbstän-

digkeit und Bedeutung verlieren würde. Das kann nicht im Inter-

esse der Landesregierung unseres Bundeslandes liegen!

Mit freundlichem Gruß

Rainer Hilse

Mitbegründer des Heinrich-Schliemann-Museums und

Vorsitzender der Heinrich-Schliemann-Gesellschaft seit 1999

Dr. Wilfried Bölke, BVK

Mitbegründer des Heinrich-Schliemann-Museums und

dessen Direktor von 1980-2003

Mitglied des Vorstandes der Heinrich-Schliemann-Gesellschaft

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