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Informationsblatt 28 März 2017
dabei vor allem die Reduzierung der freiwilligen Aufgaben, zu
denen die Finanzierung der Museen gehört. Im September 2014
wurden wir über Pläne des Landkreises informiert, die Muse-
en, die sich jetzt in der Trägerschaft des Kreises befanden, trotz
der negativen Erfahrungen in der Vergangenheit, in einer neu zu
schaffenden GmbH „Wirtschaftsförderung Mecklenburgische
Seenplatte“ zusammen zu fassen. Frühzeitig lehnte das Museum
und die HSG die Eingliederung des Museums in eine GmbH ab,
weil sie befürchtete, dass ökonomische Aspekte zukünftig in den
Vordergrund gerückt werden und die nationale Besonderheit des
Schliemann-Erbes dem Begriff „touristische Attraktivität“ un-
tergeordnet wird. Die Gesellschaft darf laut ihrer Satzung aus-
schließlich gemeinnützige Zwecke verfolgen. Es war zu befürch-
ten, dass die Gesellschaft ihre Gemeinnützigkeit verlieren würde,
was den Rückgang des Spendenaufkommens zur Folge hätte und
nach Verlautbarung des Kultusministeriums die Möglichkeit einer
weiteren Landesförderung einschränken könnte.
In den vergangenen zehn Jahren erhielt das Museum von der HSG
290.000 Euro, hier flossen auch Gelder von Stiftungen und ande-
ren Spendern ein. Mit diesen Finanzen wurden all jene Aufgaben
gemeistert, die der Landkreis als Träger des Museums nicht über-
nehmen konnte: Finanzielle Mittel für den Aufbau des ehemali-
gen Stallgebäudes zu einem Vortrags- und Veranstaltungsraum
des Museums, die elektronische Archivierung, den Ankauf von
Autographen und Büchern für das Archiv und die Bibliothek, die
Anschaffung von Materialien für Kinderveranstaltungen und die
Finanzierung von Vorträgen zum Beispiel.
Und es droht das schlimmste denkbare Szenario: die Löschung
aus dem Blaubuch national bedeutsamer Kultureinrichtungen, in
dem aus dem Landkreis nur das Heinrich-Schliemann-Museum
Ankershagen und das Fallada- Museum in Carwitz aufgenommen
sind. Auf all diese fatalen und Existenz bedrohenden Folgen hat
der Vorstand der HSG den Landrat 2014 in drei an ihn gerichteten
Briefen aufmerksam gemacht, mit der Bitte um ein klärendes Ge-
spräch. Eine Antwort hat sie nicht erhalten. Mitte des Jahres 2015
wurde die kreiseigene Wirtschaftsförderungs-GmbH (ohne dass
der Name Kultur überhaupt eine Erwähnung findet!) gegründet
und eine Geschäftsführerin berufen.
Mitte Dezember 2015 fasste der Kreistag einen weiteren Be-
schluss, um das noch offene Gemeinnützigkeitsproblem zu lösen:
Die gemeinnützige Welcome Center Mecklenburgische Seenplatte
GmbH (WCC), zu der das Drei-Königinnen-Palais in Mirow ge-
hört, sollte zur „MuSeEn GmbH“ ausgeweitet werden und als ge-
meinnützige Gesellschaft unter dem Dach der WFM die Museen
betreiben. Details müssten noch geregelt werden!
Wie immer diese Regelung aussehen wird, es ist nun deutlich ge-
worden, dass der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte entwe-
der die Bedeutung des HSM als Blaubuchmuseum nicht erkannt
hat oder aber nicht bereit bzw. in der Lage ist, diese Einrichtung
als national bedeutsame Gedenk- und Forschungsstätte als Träger
weiter zu betreiben. Am 26. Dezember vorigen Jahres begingen
wir den 125. Todestag des weltbekannten Archäologen und Troja-
Ausgräbers. Zu diesem Anlass sollte das Fachwerkhaus aus dem
18. Jh., in dem das Museum untergebracht ist, dringend renoviert
und saniert sowie eine neue Dauerausstellung eingerichtet werden,
die seit 1998 besteht und aktualisiert sowie modernisiert werden
müsste. Wegen der fehlenden Finanzen wurden diese Vorhaben
vom Kreis immer wieder verschoben.
Das HSM organisierte aus Anlass des Schliemann-Jubiläums im
September 2015 mit Unterstützung der HSG in Neubrandenburg
und Ankershagen zum 11. Mal eine wissenschaftliche Tagung,
an der 27 Referenten aus sieben Ländern teilnahmen. Die Refe-
rate werden im Februar 2016 in zwei Bänden veröffentlicht. Die
Tagung stand unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident
Erwin Sellering. Unseren Einladungen waren bedauerlicherweise
weder Vertreter des Kreises noch des Landes gefolgt, was bei den
Teilnehmern der Tagung Befremden ausgelöst hat.
Ein weiteres Problem wird in der nächsten Zeit einer Lösung be-
dürfen und die Unterstützung des Kultusministeriums erforder-
lich machen. Der derzeitige Leiter des HSM, Dr. Reinhard Witte
geht aus Altersgründen in Kürze in den Ruhestand, was eine Neu-
besetzung der Leiterstelle erforderlich machen wird. Es steht zu
befürchten, dass der Landkreis die Stelle aus finanziellen Grün-
den nicht wieder mit einem Wissenschaftler neu besetzen wird.
Dies wäre aber bei dem Status des Museums dringend geboten,
um eine kontinuierliche Fortführung der Arbeiten auf dem bishe-
rigen wissenschaftlichen Niveau zu gewährleisten.
Der Vorstand bittet Sie, schon jetzt auf den Landkreis einzuwir-
ken, um zu erreichen, dass die freiwerdende Leiterstelle für eine
Wiederbesetzung wieder öffentlich ausgeschrieben wird.
Die Mitglieder der HSG machen sich angesichts der unsicheren
Lage des HSM berechtigte Sorgen um dessen Zukunft! Nach un-
serer Überzeugung kann diese auf Dauer nur gesichert werden,
wenn die Einrichtung in die Trägerschaft des Landes MV über-
geht. Unser Bundesland sollte sich zu seinem Leuchtturm beken-
nen, der einem weltweit bekannten und verdienstvollen Lands-
mann gewidmet ist! Der Vorstand der HSG versichert, auch zu-
künftig, wie schon in der Vergangenheit, das Museum finanziell
und personell zu unterstützen.
Sehr geehrter Herr Minister Brodkorb, der Vorstand der HSG
ist sehr daran interessiert, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen,
um gemeinsam nach geeigneten Lösungswegen zu suchen. Die
Schliemannfreunde, vor allem im Ausland, könnten nicht verste-
hen, dass ein Museum, das zu DDR-Zeiten von Schliemann-Ent-
husiasten mit viel persönlichem ehrenamtlichen Engagement und
Herzblut ins Leben gerufen und aufgebaut worden ist, das nach
der Wende wegen seiner nationalen Bedeutung die sofortige An-
erkennung und Unterstützung der Bundesrepublik und durch die
Aufnahme in das Blaubuch höchste Anerkennung erfahren hat,
zukünftig nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten von einer
Wirtschaft-GmbH verwaltet wird und so seine bisherige Selbstän-
digkeit und Bedeutung verlieren würde. Das kann nicht im Inter-
esse der Landesregierung unseres Bundeslandes liegen!
Mit freundlichem Gruß
Rainer Hilse
Mitbegründer des Heinrich-Schliemann-Museums und
Vorsitzender der Heinrich-Schliemann-Gesellschaft seit 1999
Dr. Wilfried Bölke, BVK
Mitbegründer des Heinrich-Schliemann-Museums und
dessen Direktor von 1980-2003
Mitglied des Vorstandes der Heinrich-Schliemann-Gesellschaft
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