Seite 68 Informationsblatt 28 März 2017
Schliemanngemeinde Ankershagen, 30. Januar 2017
Sehr geehrte Damen und Herren,
vergeblich habe ich in den letzten Wochen nach dem offiziellen Abstimmungsergebnis des Kreistages vom 12. Dezember zum
TOP 12:16 „Existenz des Heinrich-Schliemann-Museums nachhaltig sichern“ gesucht. Da ich mit meinem Schreiben aber nicht
noch mehr Zeit verstreichen lassen möchte, muss ich mich hier auf den Artikel „Museen geben dem Kreis gut zu tun“ (Nord-
kurier vom 21. 12. 16, S. 18) und auf persönliche Informationen von einzelnen Kreistagsmitgliedern berufen. Danach hat es vor
allem die Mehrheit der SPD- und CDU-Kreistagsfraktionen abgelehnt, die Museumsleiterstelle, die nach meinem Weggang am
31. August 2017 vakant wird, bundesweit auszuschreiben. Ja, sogar eine wissenschaftliche Leitung des Museums soll es dann
nicht mehr geben. Das wäre für das HSM, einem Blaubuchmuseum und Zentrum der internationalen Schliemannforschung,
eine Katastrophe.
Ich kann mir Ihre Entscheidung nur so erklären, dass Ihnen die Bedeutung des Heinrich-Schliemann-Museums und die hier
zu leistende Arbeit eines Museumsleiters nicht bewusst ist. Bitte fragen Sie sich auch, wer von Ihnen überhaupt in den letzten
Jahren das HSM, sein Archiv und die Bibliothek, oder eine seiner zahlreichen hochkarätigen Veranstaltungen besucht hat.
Bedenken Sie bitte: Jeder, der sich auf der Welt mit Heinrich Schliemann beschäftigt, sucht nach dem ersten Ansprechpartner
zu diesem bedeutenden Archäologen, berühmtesten Mecklenburger, ersten wahren Europäer und Kosmopoliten. Und dieser
erste Ansprechpartner ist das Schliemann-Museum in Ankershagen! So treffen hier regelmäßig zahlreiche Anfragen aus aller
Welt zu Leben und Werk Schliemanns oder zu den neuesten Forschungen und Publikationen zu Troia und Mykene ein. Auf
Heimatmuseen oder sog. Welcome Center trifft das eben nicht zu. Es gibt weltweit nur ein Schliemann-Museum aber zahllose
Stadtmuseen, Agrarhistorische Museen, Freiluftmuseen bzw. Erlebniszentren. Hier hat der Fragesteller eine große Auswahl.
Bei Schliemann nicht!
Das bedeutet für einen Museumsleiter bzw. eine Museumsleiterin des HSM:
• eine kontinuierliche wissenschaftliche Forschung (bei mir beträgt sie rund 50 %)
• ständige Auswertung der internationalen und somit fremdsprachigen Fachliteratur über Schliemann, die ägäischen Kultu-
ren, Homer etc.
• die sofortige, zumindest schnelle Beantwortung zahlreicher Anfragen nationaler und internationaler Medien (bei mir z. B.
in der Vergangenheit: Zusammenarbeit mit deutschen, japanischen, türkischen, italienischen und österreichischen Fernseh-
und Rundfunkanstalten bzw. der Presse; vorerst letztes Beispiel ist die rbb-Produktion „Geheimnisvolle Orte – Der „Schatz
des Priamos“, gesendet am 24. Januar 2017)
• Recherchen über einen möglichen Verwandtschaftsgrad zu Schliemann nach mündlichen und schriftlichen Anfragen
• Auswertung des Archivs des HSM (u. a. 35.000 Briefkopien und 18 Reise- und Ausgrabungstagebücher in 12 verschiedenen
Sprachen)
• Erarbeitung und Durchführung von Vorträgen im HSM und im In- und Ausland (bei mir in meiner bisherigen Amtszeit seit
2003: über 500 Vorträge zu über 200 verschiedenen Themen, davon allein 162 Sonntagsvorträge, die sich auf die Besucher-
zahlen des Museums positiv auswirken, wie freilich auch die Abendvorträge, die Sonderausstellungen und unsere immer
gut besuchten Kinder- und Jugendveranstaltungen)
• Erarbeitung und Veröffentlichung von Publikationen (bei mir zuletzt vor allem eine Schliemannbiographie, München 2013;
Herausgeber und Autor von 5 Monographien und zahlreichen wissenschaftlichen und Presseartikeln)
• Vorbereitung und Durchführung von internationalen Kongressen (vorerst zuletzt der 11. Internationale Kongress „Archäo-
logie und Archäologen im 19. Jahrhundert“ mit 27 Referenten und Referentinnen aus 6 Ländern vom 3. bis 6. September
2015)
• Betreuung von Schüler- und Studentenarbeiten bzw. Praktika
• jährliche Durchführung von hochkarätigen Veranstaltungen mit Gymnasiasten (Kooperation mit Carolinum in Neustrelitz,
Große Stadtschule Wismar, Rostock, Berlin u. a.)
• Aufbau eines elektronischen Bildarchivs
• Ständige Zuarbeiten zur Homepage:
www.schliemann-museum.de• Durchführung zahlreicher Veranstaltungen (z. B. Abendvorträge, griechisches Fest)
• Durchführung von Blaubuchprojekten
• Erarbeitung Drehbuch für neue Dauerausstellung
• Erarbeitung fundierter Jahrespläne
• Vorbereitung und Durchführung von Jubiläumsjahren (bei mir: 2015: 125. Todestag Schliemanns). Die neue Museumslei-
tung muss den 200. Geburtstag Schliemanns am 6. Januar 2022 intensiv vorbereiten.
Mitteilungen der Gesellschaft
Brief an die Kreistagsfraktionen der CDU und SPD