Seite 62 Informationsblatt 28 März 2017
Herrn Mathias Brodkorb
Ministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur Mecklenburg-Vorpommern
Werderstraße 124, 19055 Schwerin
Schliemanngemeinde Ankershagen, den 22. Februar 2016
Sehr geehrter Herr Minister Brodkorb,
mit großer Sorge verfolgen wir als Vorstandsmitglieder der Hein-
rich-Schliemann-Gesellschaft e. V. (HSG) die aktuellen Proble-
me, mit denen das Heinrich-Schliemann- Museum (HSM) in An-
kershagen seit einiger Zeit zu tun hat. Wir gehören zu den Initi-
atoren und Begründern dieser in der Welt einzigen Gedenk- und
Forschungsstätte für den weltbekannten Archäologen Heinrich
Schliemann (1822-1890) vor nunmehr 35 Jahren und haben deren
positive Entwicklung bis zum heutigen Tage begleitet und unter-
stützt. Wir fühlen uns deshalb mit dieser musealen Einrichtung
in einem besonderen Maße verbunden und richten diesen Brief
auch im Namen aller Vorstandsmitglieder und Mitglieder unserer
Gesellschaft an Sie.
Gemeinsam mit einer regionalen Bürgerinitiative gelang es uns
im Jahre 1980 mit Unterstützung der evangelisch-lutherischen
Landeskirche und prominenter Wissenschaftler aus der DDR und
des Auslandes (Griechenland und USA) gegen die anfänglichen
Bedenken der Parteiführung des Kreises in Schliemanns Eltern-
haus eine Gedenkstätte einzurichten. Dies fand damals eine große
Aufmerksamkeit in den Medien der Bundesrepublik und des Aus-
landes. Die Gedenkstätte stand von Beginn an in der Trägerschaft
des Landkreises und deren weiterer Aufbau wurde zu DDR-Zeiten
gefördert. Nach kurzer Zeit erhielt die Gedenkstätte nach einer
anfänglichen ehrenamtlichen Leitung im Jahre 1986 den Status
eines Museums und wurde staatlicherseits mit der Vorbereitung
einer Gedenkwoche aus Anlass des 100. Todestages Schliemanns
im Jahre 1990 beauftragt. Mit der Unterstützung vieler Wissen-
schaftler der DDR, der Bundesrepublik und des Auslandes ent-
wickelte sich das Museum in der Folgezeit zu einer weltweit an-
erkannten Gedenk- und Forschungsstätte und zu einem Zentrum
der Schliemannforschung. Zu den vom Museum alle vier Jahre
organisierten internationalen Kolloquien kommen Forscher und
Nachfahren Schliemanns aus der ganzen Welt nach Ankershagen.
Die Vorträge werden bis heute in einer vom Museum begründeten
Schriftenreihe „Mitteilungen aus dem Heinrich-Schliemann-Mu-
seum Ankershagen“ veröffentlicht.
Diese positive Entwicklung konnte nach der Wende lückenlos
fortgesetzt werden, jetzt auch mit der Unterstützung der im Sep-
tember 1991 gegründeten Heinrich-Schliemann-Gesellschaft e. V.
mit Sitz in Ankershagen, mit mehr als 200 Mitgliedern aus dem
In- und Ausland.
1994 erhielt das Museum als Memorialmuseum von nationaler
Bedeutung eine Förderung durch das Land und die finanzielle Un-
terstützung der Jost-Reinhold-Stiftung. Im Jahre 1995 entschied
das Bundesinnenministerium, dem Museum im Rahmen des
Denkmalpflegeprogramms (Schliemanns Elternhaus steht unter
Denkmalschutz) eine Bundeszuwendung zur Erhaltung und zum
Wiederaufbau von Kulturdenkmälern mit besonderer nationaler
Bedeutung zu gewähren. Diese ermöglichte die Sanierung des
baulich desolaten Museumsgebäudes ab Oktober 1996, an der sich
auch das Land, der Kreis und die Gesellschaft finanziell beteiligt
haben. Im September 1998 wurde das sanierte Museumsgebäude
mit einer neukonzipierten Dauerausstellung zum Leben, Wirken
und Gedenken Schliemanns wiedereröffnet. Die Resonanz in der
Öffentlichkeit war groß, die Besucherzahlen stiegen in den dar-
auffolgenden Jahren bedeutend an. Im Jahr 2000 wurde ein neuer
Jahresrekord von rund 18.000 Besuchern registriert, der 150.000.
Besucher konnte begrüßt werden.
Im September 2001 wurde das HSM in das „Blaubuch“ der neu-
en Bundesländer als „Kultureller Gedächtnisort“ von nationaler
Bedeutung und internationaler Ausstrahlung aufgenommen. Das
Museum ist eines von nur 20 Gedenkstätten, die bedeutenden Per-
sönlichkeiten gewidmet sind, die als besonders förderwürdig be-
trachtet werden. Kultusminister Prof. Dr. Metelmann anerkannte:
„Die Aufnahme ist ein Ausdruck für die Wertschätzung des Mu-
seums, das sich durch seine Sammlung, seine Ausstellungen, sei-
ne zahlreichen wissenschaftlichen Aktivitäten und durch seine
breitenwirksame Öffentlichkeitsarbeit zu einer auch außerhalb
Deutschlands beachteten Gedenk- und Forschungsstätte ent-
wickelt hat. In Ankershagen wird ein wertvoller internationaler
Aspekt der deutschen Kulturgeschichte gezeigt.“ (Geleitwort in
einem Museumsführer 2003)
Die vertraglich beschlossene Zusammenarbeit mit der amerikani-
schen Gennadius Library in Athen, die den schriftlichen Nachlass
Heinrich Schliemanns aufbewahrt, ermöglichte dem Museum
mit der Unterstützung der HSG die Übernahme von über 35.000
Autographen und deren elektronische Archivierung. Das HSM in
Ankershagen beherbergt damit heute nach der Gennadius Library
in Athen die umfangreichste Autographen-Sammlung Heinrich
Schliemanns in der Welt.
Ungeachtet dieser Erfolge des HSM gab es zu dieser Zeit Versuche
des Landkreises, das Museum aus der Trägerschaft zu entlassen.
Der HSG wurde angetragen, das Museum in eigener Regie zu
übernehmen und zu bewirtschaften, wozu sich die Gesellschaft
aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sah. Am 1. 1. 2003
fasste der Landkreis Müritz seine drei Museen zu einem „opti-
mierten Regiebetrieb“ unter der Leitung eines Betriebswirtes zu-
sammen, um sie zukünftig Kosten sparender und wirtschaftlicher
zu führen. Er blieb nur bis Ende 2006 erhalten, ein Gutachten,
das immer verschwiegen wurde, bescheinigte diesem Zusammen-
schluss eine totale Ineffizienz. Im 1. Halbjahr 2007 erneuerten
sich die Versuche des Landkreises, das HSM aus seiner Träger-
schaft zu entlassen. Für eine alternative Trägerschaft wurde die
Kommune, eine Stiftung, eine gGmbH, favorisiert aber wieder
die HSG vorgeschlagen. Der Museumsleiter und der Vorstand der
HSG und wehrten sich gegen einen Trägerwechsel. Dem Muse-
umsleiter wurde 2010 untersagt, das HSM öffentlich als „Zentrum
der Schliemannforschung“ zu bezeichnen.
Angesichts der Schuldenlage des Kreises machte die im Jahre
2011 durchgeführte Kreisgebietsreform und die Großkreisbildung
„Mecklenburgische Seenplatte“ weitere finanzielle Einschnitte
in der Kreishaushaltsführung erforderlich. Im Blickpunkt stand
Mitteilungen der Gesellschaft
Brief des Vorstandes an Minister Brodkorb