Seite 58 Informationsblatt 25 Dezember 2013
Beiträge und Berichte
Ein Klassenkamerad von mir übersandte mir die abgebildete
Seite aus der Dezemberausgabe der „Deutschen Briefmarken
Zeitung“ im Jahre 2012. Zuerst fiel mir der blaue Umschlag
mit den an „Hy. Schliemann in St. Petersburg“ adressierten und
in Amsterdam am 18. März 1856 abgestempelten Briefmarken
ins Auge. Auf den zweiten Blick erkannte ich zu meiner Über-
raschung auch den deutlich zu lesenden Absender: „Frenzel &
Hoynck Amsterdam“.
Dann kamen die Fragen: Wer war der Absender, was hatte
Schliemann mit ihm zu tun und in welcher Situation befand er
sich zu dieser Zeit?
Der Firmenname des Absenders sagte mir zunächst nichts,
ich dachte sofort an die Handelsfirma Hoyack & Co., bei der
Schliemann gleich zu Anfang seines Amsterdamer Aufenthal-
tes für kurze Zeit gearbeitet hatte, sogar an einen möglichen
Druckfehler. In Meyers Veröffentlichungen fand ich den Na-
men „Hoynck“ nicht verzeichnet, aber den Namen „Frenzel“.
Anton Frenzel war Prokurist bei der Firma Schröder & Co. in
Amsterdam und Schliemann hatte ihn bei seiner Tätigkeit dort
kennen gelernt. Frenzel hatte Schliemann früh vor falscher Ver-
trauensseligkeit zu Geschäftspartnern und vor risikovollen und
vorschnellen Vertragsabschlüssen gewarnt, als dieser 1846 in
St. Petersburg seine eigene Handelsfirma gegründet hatte. Im
Februar 1847 war Schliemann dann auch russischer Staatsbür-
ger geworden.
Der Brief macht deutlich, dass Frenzel auch noch Jahre später
mit Schliemann im Briefwechsel gestanden hat. Leider kennen
wir den Inhalt des Briefes nicht. Da unser holländisches Mit-
glied Wout Arentzen der beste Kenner der Amsterdamer Zeit
Schliemanns ist, habe ich ihm eine Kopie desArtikels geschickt.
Er hat festgestellt, dass Frenzel bis 1855 bei B.H. Schröder ge-
arbeitet und dann die Handelsfirma Frenzel & Hoynck in Ams-
terdam gegründet hat. Frenzel hatte sich also zusammen mit
einem anderen Partner auch selbständig gemacht. In unserem
Archiv sind ca. 550 Kopien (!) der von ihm an Schliemann ge-
richteten Briefe vorhanden. Der Briefwechsel begann 1846 und
endete erst im Jahre 1868, ein Zeichen der freundschaftlichen
langjährigen Geschäftsbeziehungen zwischen ihnen.
In welcher Situation befand sich Schliemann im März 1856?
Am 30. 3., nur wenige Tage nach Absenden des Briefes, kam
es zum Friedensschluss in dem bereits drei Jahre andauernden
Krimkrieg. Schliemann hatte als Lieferant der zaristischen Ar-
mee Millionen verdient, dachte jetzt aber aufgrund einer na-
henden Finanz- und Handelskrise darüber nach, aus dem Han-
delsgeschäft auszusteigen. Aber erst 1864 setzte er dies in die
Tat um und verließ Russland.
In dem Zeitschriftenartikel fällt rechts oben noch eine weitere
Abbildung ins Auge. Es ist eine Postkarte, eine so genannte
Ganzsache, mit einem aufgedruckten Schliemannporträt, ei-
nem Schnitt durch den Trojahügel und dem Pfarrhaus in An-
kershagen, Schliemanns Elternhaus. Sie war aus Anlass des
90. Todestages Schliemanns und der von uns im Jahre 1980
eingerichteten Gedenkstätte von Warener Philatelisten zusam-
men mit einem Sonderstempel herausgegeben worden. Diese
Postkarte erinnert uns daran, dass wir im Jahre 2015 wieder
ein Schliemannjubiläum begehen werden: den 125. Todestag
Heinrich Schliemanns!
Dr. Wilfried Bölke
(Schliemanngemeinde Ankershagen)
Was ein Brief aus Amsterdam erzählen kann